"Fit wie 65"? Experten wittern Vertuschung um Trumps Gesundheit

Argentine President Javier Milei visits Washington
Ärzte sprechen von Demenz-Symptomen – Demokraten fordern Offenlegung aller Untersuchungsdaten des US-Präsidenten.

Kaum ist das jüngste Bulletin über den Gesundheits-Zustand von Donald Trump auf dem Markt, wird es in der Luft zerrissen. Erst kurz vor dem Nahost-Trip des Präsidenten bescheinigte sein Leibarzt, Dr. Sean Barbabella, dem 79-Jährigen einen „weiterhin ausgezeichneten allgemeinen Gesundheitszustand” und erklärte, ohne nähere Fakten, Trumps Herz sei "das eines 65-Jährigen".

Das Urteil des Arztes steht in krassem Kontrast zu den seit Wochen in US-Medien diskutierten Anzeichen dafür, dass Trump physisch und geistig gegenüber seiner ersten Präsidentschaft (2017-2021) deutlich abgebaut habe.

Geschwollene Beine, Blutergüsse, Gesichtslähmung

Barbabella geht in einer vom Weißen Haus verbreiteten Mitteilung mit keinem Wort auf die überschminkten Blutergüsse an Trumps Handrücken ein. Sie sollen laut früheren Angaben des Doktors mit einer harmlosen „Weichteil-Reizung durch häufiges Händeschütteln“ und die Einnahme von Aspirin zu erklären sein.

Auch die oft geschwollen Unterschenkel, die auf eine im Juli erstmals eingeräumte chronische Venen-Insuffizienz zurückgehen, wurden nicht erwähnt. Medizinische Parameter (Gewicht, Größe, Herzfrequenz, Blutdruck etc.), die nach dem turnusmäßigen Gesundheitscheck im Frühjahr veröffentlicht wurden, blieben diesmal ganz aus. 

Stattdessen dieses Fazit: Trump besitze eine „starke neurologische und körperliche Leistungsfähigkeit“ und könne weiterhin ohne Einschränkungen einen „anspruchsvollen Tagesablauf” absolvieren.

Hälfte der Amerikaner glaubt, dass Trumps Gesundheitszustand vertuscht wird

Die für hartleibige Trump-Kritik bekannte Kongress-Abgeordnete Jasmine Crockett (Texas) traut dem nicht und befindet sich damit in Einklang mit weiten Teilen der Bevölkerung. 

Nach einer YouGov-Umfrage von September erkennen 49 Prozent der Amerikaner bei ihrem Präsidenten kognitiven oder körperlichen Verfall, nur ein Drittel bestreitet das. Die meisten Amerikaner (51 %) glauben zudem nicht, dass sie die ganze Wahrheit über Trumps Gesundheit erfahren. Mehr noch: 46 Prozent glauben, dass der Gesundheitszustand Trumps vertuscht wird.

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Die Blutergüsse an Trumps rechtem Handrücken (links) wurden zuletzt mehrfach stark überschminkt.

Crockett erkennt ein „Muster der Verschleierung”: „Der Präsident scheint sich nicht wohl zu fühlen. Von seinen körperlichen Symptomen bis zu seinem sichtbaren kognitiven Verfall verdient das amerikanische Volk klare Antworten über seine Fähigkeit, sein Amt auszuüben”, sagt die Demokratin.

"Konfabulation"? Trump erfand zuletzt mehrfach Details

Crockett und anderen Demokraten verweisen darauf, dass Trump seit Monaten in Reden, Interviews oder spontanen Äußerungen bei Pressekonferenzen ein seltsames Verhalten an den Tag legt. Der Präsident schweift regelmäßig vom Thema ab, gibt oft faktisch falsche Erklärungen ab und demonstriert das, was Mediziner Konfabulation nennen. „Dabei nimmt er eine Idee oder ein Ereignis und fügt Dinge hinzu, die nicht passiert sind”, sagt Harry Segal, Psychologe an der Cornell Universität. 

Ein Beispiel: Im Juli behauptete Trump, sein Onkel, Professor John Trump, habe einst Ted Kaczynski, besser bekannt als terroristischer Una-Bomber, am renommierten „Massachusetts Institut of Technology” (MIT) unterrichtet. Schönheitsfehler: Trumps Onkel starb 1985. Kaczynski wurde 1996 erstmals öffentlich als Una-Bomber identifiziert - und hat nie am MIT studiert.

Per Brief hat die Abgeordnete Crockett Dr. Barbabella einen Fragenkatalog zukommen lassen: Ob Trump in den vergangenen 15 Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hat. Ob irgendwelche gesundheitlichen Probleme seine Fähigkeit zur Ausübung seiner präsidialen Aufgaben beeinträchtigt haben. Ob er abseits der Kameras Hilfsmittel wie einen Gehstock oder eine Schiene benutzt. Was die Ursache sei für „wiederholte Gesichtslähmungen” und „auffällige Bewegungsprobleme”. Und woraus sich der Befund der Ärzte speist, dass Trump fit für das Amt des Oberbefehlshabers sei.

Rechtlich hat Crockett keinen Hebel, um die Offenlegung zu erzwingen. Hier müsste Trump erst zustimmen. Ihr Ziel ist es, eine nationale Debatte loszutreten über die tatsächliche Fitness des Commander-in-Chief.

Renommierte Mediziner zweifeln an Trumps kognitiver Fitness

Zweifel an der mentalen Fitness Trumps gab es bereits während seiner ersten Präsidentschaft. Inzwischen melden sich reihenweise anerkannte Mediziner mit bis dato verpönten Ferndiagnosen zu Wort. 

„Jeder faire Experte für psychische Gesundheit wäre sehr besorgt über Donald Trumps Verhalten“, schrieb bereits im Wahlkampf 2024 Richard A. Friedman in einem Beitrag für das Magazin „The Atlantic”. Der Professor für klinische Psychiatrie an der Cornell Universität, attestierte Trump „verbale Inkohärenz”, „tangentiales Denken” und sich ständig wiederholende Äußerungen, die einer „gründlichen neuropsychiatrischen Untersuchung” bedürften, „um eine kognitive Erkrankung auszuschließen.“ 

John Gartner, Psychologe und Autor, der fast drei Jahrzehnte lang als Assistenzprofessor für Psychiatrie an der Johns Hopkins University Medical School tätig war, sagt: „Was wir sehen, sind die klassischen Anzeichen einer Demenz, also eine starke Verschlechterung gegenüber dem Ausgangszustand und den Funktionen einer Person.“

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