Die US-Waffenfans haben einen neuen "Helden", der den Killer stoppte

Zuletzt war es still geworden um den Satz, den der Geschäftsführer der mächtigsten US-Waffen-Lobby 2012 kurz nach dem Schul-Massaker an einer Grundschule in Newtown/Connecticut absonderte: „Die einzige Sache, die einen bösen Menschen mit einer Waffe stoppt“, sagte NRA-Geschäftsführer Wayne LaPierre damals, „ist ein guter Mensch mit einer Waffe.“ Nicht zuletzt Amerikas Polizei-Departements sahen in dem gewagten Spruch der „National Rifle Association“ eine Bedrohung für das Gewaltmonopol des Staates.
Von dieser Zurückhaltung war am Sonntagabend bei Jim Ison, dem bulligen Polizeichef von Greenwood im US-Bundesstaat Indiana, nicht mehr viel zu spüren. Der leitende Cop der 60.000 Einwohner zählenden Stadt verbeugte sich förmlich vor einem Passanten, der einen Amokläufer stoppte. Der Kriminelle hatte zuvor in einem Einkaufszentrum mit einem Gewehr im örtlichen Einkaufszentrum drei Menschen erschossen und zwei weitere verletzt. „Es sieht so aus, als habe ein guter Samariter, der bewaffnet war und die Schießerei beobachtet hat, den Schützen getötet“, sagte Ison.
"Heldenmut"
Auch Bürgermeister Mark Myers lobte die Art von militanter Bürgerbeteiligung über den grünen Klee: „Ich bin dankbar für sein schnelles Einschreiten und seinen Heldenmut in dieser Situation.“
Der „Held“ soll ein 22-Jähriger aus dem benachbarten Bartholomew County gewesen sein. Er war offenbar als normaler Kunde mit einer Handfeuerwaffe am Tatort. Seine Identität war am Montagmorgen noch unter Verschluss, ebenso die genauen Umständen seines Einschreitens. Warum nicht die Polizei früh genug in der Lage war, den Täter auszuschalten, als zur besten Shopping-Zeit am Sonntagabend um 18 Uhr im Gastro-Sektor der „Greenwood Park Mall“ die ersten Schüsse fielen, ist bisher unbekannt.
Neue liberale Waffengesetze
Seit 1. Juli ist es in Indiana (wie bereits in 25 anderen Bundesstaaten) erlaubt, ohne jede Lizenz eine Waffe in der Öffentlichkeit zu tragen. Der republikanische Gouverneur Eric Holcomb hatte ein entsprechendes Gesetz kurz nach einer heftig umstrittenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes unterzeichnet. Die Höchstrichter hatten Ende Juni in Washington mit 6:3-Stimmen befunden, dass das Tragen von Schusswaffen in der Öffentlichkeit als Grundrecht der Bürger einzustufen ist, das nicht eingeschränkt werden dürfe.
Bundesstaaten und Städte, die das Mitführen von Pistolen und Gewehren reguliert und teilweise verboten haben, um die in der Corona-Pandemie extrem gestiegene Schusswaffengewalt einzudämmen, zeigten sich fassungslos. Die NRA dagegen und viele republikanisch regierte Landesteile bezeichneten die Entscheidung als „großen Triumph“ für die Verfechter des Zweiten Verfassungszusatzes. Dort ist der Besitz und das Tragen von Waffen für alle Amerikaner gesondert schützt.
Nach der tödlichen Episode von Greenwood, so befürchten Waffen-Kritiker, wird die NRA noch vehementer als bisher gegen alle Versuche vorgehen, die eine Verschärfung der Waffengesetze fordern. Gerade im Lichte der jüngsten Massaker mit Dutzenden Toten (Buffalo, Uvalde, Highland Park) waren diese zuletzt lauter geworden.
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