Regelmäßig warnen sowohl die ukrainische Regierung als auch westliche Geheimdienste vor einer neuen russischen Offensive – im Grunde ist diese bereits in vollem Gange: 600 Quadratkilometer haben die russischen Streitkräfte seit Dezember im Donbass eingenommen, rücken vor allem um die Stadt Bachmut vor, versuchen aber seit einigen Tagen, im Süden den Druck auf die ukrainischen Streitkräfte zu erhöhen.
Auch im Nordosten, im Raum der befreiten Stadt Lyman, finden derzeit heftige Gefechte statt – eine größer angelegte Offensive mit frischen russischen Kräften ist manchen Berichten zufolge nicht unwahrscheinlich.
Fakt ist: Die russischen Streitkräfte haben an allen relevanten Frontabschnitten die Initiative wiedergewonnen. Im Gegensatz zum Sommer und Frühherbst, als ukrainische Einheiten massive Geländegewinne erzielen konnten, sind die russischen Fronten mittlerweile stark befestigt – für ukrainische Gegenoffensiven fehlt das schwere Gerät wie etwa die Kampfpanzer oder ausreichende Artilleriemunition.
Gleichzeitig entrichten die Russen einen hohen Blutzoll, allen voran die Söldnergruppe Wagner, die aus Gefängnissen rekrutierte Kämpfer voranschickt: Anders als den regulären Soldaten der russischen Streitkräfte winken den Söldnern hohe Prämien für die Teilnahme an Kampfhandlungen, während die verurteilten Straftäter als Kanonenfutter gelten. Ob es um einzelne Häuserblocks oder Grabensysteme geht – sie werden in einer ersten Welle vorgeschickt, sollen Schwachstellen in der ukrainischen Verteidigung herausfinden und sterben dabei massenhaft. Die erfahrenen Söldner nutzen die erkannten Schwachstellen in einer zweiten Angriffswelle aus.
Zusätzlich bereitet Russland nach Ansicht ukrainischer Militärs einen neuen schweren Raketenangriff auf die Ukraine vor. Die meisten Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte seien in ihre Stützpunkte zurückgekehrt, was auf die Vorbereitung eines neuen Schlags hindeute, sagte eine Sprecherin der ukrainischen Streitkräfte.
Dieser könnte auch an ukrainisch-russischen Grenzregionen erfolgen: Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte am Donnerstag in einem ausführlichen Studiointerview auf Russia Today an, auf die Lieferung westlicher Waffen mit größerer Reichweite an die Ukraine mit einer Verschiebung der Fronten zu reagieren. Die ukrainische Armee würde aus dem Grenzgebiet zu Russland verdrängt werden, so Lawrow. Dadurch solle eine Art „Sicherheitskorridor“ geschaffen werden.
Frühere Äußerungen von EU-Kommissionspräsidentin von Ursula von der Leyen, die von der Notwendigkeit einer Niederlage Russlands sprach, nannte er "rassistisch" und "nazistisch". Seinen Darstellungen zufolge befinde sich "die ganze NATO" durch ihre Waffenlieferungen im Krieg gegen Russland. Die ukrainische Regierung bezeichnete er ebenfalls einmal mehr als Neonazis: "Warum weigern sich die Menschen, die Nazi-Ideologie zu sehen, die jetzt im Zentrum des Kiewer Regimes steht?", fragte er den Interviewer Dmitri Kisseljow.
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