Die Perle Flanderns glänzt wieder
Das Glockenspiel vom mächtigen, mittelalterlichen St. Rombouts-Turm legt sich wie eine weiche Wolke über die historische Altstadt. Frisch renoviert, entstaubt und blitzsauber präsentiert sich die belgische Stadt Mechelen mit ihren fast dreihundert Renaissance-Gebäuden – eine Perle Flanderns. "Wir sind nicht das Paradies", sagt Bart Somers, "aber was wir geschafft haben, ist die völlige Trendumkehr." Eine radikale Kursänderung, die Somers, dem Stadtchef Mechelens, im Vorjahr die Auszeichnung des "besten Bürgermeisters der Welt" einbrachte.
138 Nationalitäten
Wie er es tatsächlich geschafft habe, wollen seitdem zahllose Politiker aus ganz Europa von ihm wissen. Wie konnte Bart Somers verhindern, dass aus der großen Zahl muslimischer Bewohner Mechelens kein einziger junger Mann zum Kämpfen nach Syrien zog? Aus der benachbarten, etwa gleich großen Stadt Vilvoorde dagegen haben sich 27 Bewohner der Terrormiliz "Islamischen Staat" angeschlossen.
Hart und herzlich
"Meine Politik steht auf zwei Beinen", sagt Somers und klopft sich wie zum Beweis auf die Schenkel. Zum einen auf strengen Law-and-Order-Prinzipien, zum anderen auf umfassender Integration. "Ganz am Anfang mussten wir hart durchgreifen. Wir haben die Polizei massiv verstärkt, überall Kameras aufgehängt und strikte Ordnung durchgesetzt."
Bei Belgiens linken Politikern geriet Bart Somers sogleich in Verruf. Er verfolge eine "Null-Toleranz-Politik", wurde ihm vorgeworfen, was der zweifache Familienvater gar nicht bestreitet. Sofort aber ergänzt er: "Wenn es keine klaren Regeln in der Gesellschaft gibt, wie kann ich dann Teil dieser Gesellschaft sein?"
Gleichzeitig aber setzte Somers alle Hebel in Bewegung, alle Stadtbewohner zu integrieren. Beamte, Sozialarbeiter, Lehrer, Firmenchefs, Vereine, Nachbarn – mit allen suchte er das Gespräch, versuchte Konzepte zu entwickeln, wie alle Bewohner Mechelens "hereingeholt" werden könnten und niemand "draußen" bleibe. "Wir haben mit den mittelständischen Eltern geredet und sie versucht zu überzeugen: Bringt eure Kinder in gemeinsame Schulen, wo nicht hier die Migranten-Kinder und dort die anderen sind – und wir von der Stadt sorgen dafür, dass dies gute Schulen sein werden." In vier von sechs Schulen Mechelens ließ sich dies durchsetzen.
Unerlässlich für den Integrationserfolg der Stadt sei aber immer gewesen, so Somers: "Wir von der Stadtführung wollten nichts für die Leute erreichen, sondern mit ihnen." Nicht gegenseitige Kontrolle sei das Ziel, sondern Verantwortung füreinander zu übernehmen. "Wenn jemand sieht, dass ein Jugendlicher abzugleiten droht, kann er immer ins Rathaus kommen. Denn man weiß, dass wir hier den Jungen nicht als potenziellen Kriminellen sehen, sondern als einen, dem man helfen muss." Väter-Programme seien entwickelt worden, um ihnen klarzumachen, wenn deren Kinder nächtens durch Straßen zogen: "Hey, es sind eure Kinder, ihr seid für sie verantwortlich."
Zuwanderer im Hotel
Zuweilen griff der Stadtchef zu ungewöhnlichen Methoden – besonders, um die Gettobildung von Zuwanderervierteln zu verhindern. "Wir haben die Häuser gesucht, wo Zuwanderer zu horrenden Mietpreisen in schlechte Unterkünften gepfercht waren. Dann haben wir diese Menschen in Hotels untergebracht, bis wir adäquaten Wohnraum gefunden haben – und die Hotelrechnung dem Hausbesitzer geschickt."
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