Die neue "Eiserne Lady": Was Liz Truss mit Margaret Thatcher verbindet
Seit Dienstag wird das Vereinigte Königreich wieder von zwei Frauen regiert. Die eine, Königin Elizabeth II., erfreut sich seit Jahrzehnten bei einem Großteil der Briten großer Beliebtheit. Die andere, Mary Elizabeth – genannt „Liz“ – Truss, wird in den nächsten Monaten hart um die Gunst der Bevölkerung kämpfen müssen.
Im Schloss Balmoral in den schottischen Highlands ernannte die Queen die 47-jährige Truss zur Premierministerin. Sie ist erst die dritte Frau an der Spitze Großbritanniens - nach Theresa May und ihrem großen Vorbild, der legendären Margaret Thatcher.
Dafür hat Truss hart gearbeitet: Als Umweltministerin unter David Cameron, später als Justizministerin unter May. In diesen Jahren vertrat sie oft noch moderate Positionen, sprach sich etwa mehrfach gegen den Brexit aus.
Erst als Außenministerin unter ihrem Vorgänger Boris Johnson wandelte sich Truss zu einer konservativen Hardlinerin. Polternde Auftritte brachten ihr viel Kritik aus der Opposition, aber auch viel Lob aus den eigenen Reihen ein.
Schnell war klar, wer Vorbild für ihren politischen Wandel war: Truss kleidete und inszenierte sich nach dem Vorbild Margaret Thatchers, der am längsten regierenden britischen Premierministerin.
Die „Eiserne Lady“ war gerade deshalb von 1979 bis 1990 im Amt geblieben, weil ihre Politik das Land gespalten und die Konservativen hinter ihr geeint hatte.
Truss scheint das ebenfalls als Erfolgsrezept zu sehen. Im Folgenden ein inhaltlicher Vergleich der alten und der neuen „Eisernen Lady“:
Thatchers Vermächtnis:
Wirtschaft
Der „Thatcherismus“, die Wirtschaftspolitik der ersten britischen Premierministerin (1979 bis 1990), setzte voll auf Leistung und freie Märkte. Die Ära steht heute für die weitreichende Privatisierung von Staatsunternehmen, etwa der britischen Telekom und der British Airways, sowie von Wohnraum. Legendär ist Thatchers Dauer-Clinch mit den mächtigen Gewerkschaften, der seinen Höhepunkt im einjährigen Bergarbeiterstreik 1984/85 fand.
Innenpolitik
Als „eine von uns“ gewählt, trat die aus der Mittelschicht stammende Thatcher massiv für Inflationsbekämpfung, niedrige Steuern und einen schlanken Staat ein. Sie pochte dabei aber – im Gegensatz zu Liz Truss – auf niedrige Staatsschulden. Für die studierte Chemikerin und zweifache Mutter kam Eigenverantwortung vor Solidarität, was zu Einschnitten im Sozialsystem führte. Der Arbeitsmarkt war für sie ein Markt wie jeder andere.
Außenpolitik
In den 80ern galt Thatcher als mächtigste Frau der Welt. Sie pflegte enge Kontakte zu den USA unter Ronald Reagan, dessen Wirtschaftspolitik ihrer ähnelte. In der EU trat sie gegen eine zu enge Kooperation ein und setzte einen „Rabatt“ auf britische Beiträge durch. 1982 schickte Thatcher Kriegsschiffe zu den britischen Falklandinseln, die Argentinien militärisch zu erobern versuchte – was den Tories 1983 einen fulminanten Wahlsieg bescherte.
Truss' Visionen:
Wirtschaft
Die neue Premierministerin muss direkt zu Beginn ihrer Amtszeit Maßnahmen gegen die Energiepreiskrise ausarbeiten. Dabei will sie – ganz im Sinne Thatchers – auf umfassende Steuersenkungen setzen, um die Bevölkerung zu entlasten. Und sogar eine geplante Erhöhung der Unternehmenssteuer aufheben. Kritik, wonach es sofortige Auszahlungen an alle Haushalte brauche, entgegnete Truss, sie habe eine „Abneigung gegenüber Almosen“.
Innenpolitik
Beim Thema Migration wird Truss den knallharten Kurs ihres Vorgängers Johnson weiterführen, dazu zählen auch Abschiebungen ins ostafrikanische Ruanda. Transsexuellen will sie dagegen mehr Rechte als unter Johnson einräumen. Starken Gegenwind erhält Truss von links für ihren Klima-Kurs: Sie will den Ausbau erneuerbarer Energien bremsen und nennt Solar-Panels „einen der deprimierendsten Anblicke“ der modernen britischen Landschaft.
Außenpolitik
Als Außenministerin inszenierte sich Truss gerne knallhart, orientierte sich auch im Kleidungsstil an Thatcher. Mit diplomatischem Fingerspitzengefühl glänzte Truss dabei aber selten. Im Februar ließ sie sich etwa vom russischen Außenminister Lawrow vorführen und offen als inkompetent bezeichnen. Auf die Frage eines Journalisten, ob Frankreich ein Freund oder Feind Großbritanniens sei, antwortete sie zuletzt: „Das gilt es zu klären.“
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