Diese steht im Kontrast zu Polens Auseinandersetzungen mit Brüssel um die mangelnde Rechtsstaatlichkeit an der Weichsel. Duda nennt die EU eine „Scheingemeinschaft“. Sie sei eine „transnationale Bestie“, meint Morawiecki, der der EU-Kommission vorwirft, einen „Dritten Weltkrieg“ gegen Polen zu entfachen. Ein leichtfertig gebrauchter Vergleich, denn auf der anderen Seite steht Polen derzeit wirklich am Rande eines Konflikts mit dem unberechenbaren Nachbarn Russland, bei dem höchste Vorsicht geboten ist.
Diese klassische Sicherheitspolitik interessiert den wichtigsten polnischen Entscheidungsträger Jaroslaw Kaczynski hingegen nicht. Der Gründer und Chef der regierenden Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) hat seinen Fokus auf die Innenpolitik gelegt. Er strebt nach wie vor die Umgestaltung des polnischen Rechtssystems an, sprich mehr Kontrolle des Staates und eine Art konservative Umgestaltung der Gesellschaft.
Da ihm Brüssel hier mit Rechtsstaatlichkeitsverfahren und der Verweigerung von Geldern in die innenpolitische Parade fährt, lässt der 71-jährige Doktor der Rechte das Feindbild EU bedienen.
Pause bei Sanktionen
Und Brüssel? Dort hat man sich wegen Polens großzügiger Hilfe für die ukrainischen Flüchtlinge bisher mit Sanktionen zurückgehalten. Doch die Taten des Rechtsstaatssünders Polen sind in Brüssel nicht verziehen. Die EU-Kommission droht nun damit, Strukturmittel für Polen zurückzuhalten – das könnten insgesamt bis zu 75 Milliarden Euro sein. Zudem hält die EU noch 36 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds für Warschau zurück, weil Polen beim Justizabbau nicht zurückrudert.
Die Milliarden werden erst fließen, „wenn es eine zufriedenstellende Lösung gibt“, heißt es vonseiten der EU-Kommission. Und diese Lösung sieht vor: Vor allem die Disziplinarkammer muss wieder völlig unabhängig werden, sodass die Politik nicht mehr in die Bestellung von Richtern hineinbefehlen kann. Doch genau dabei will sich die regierende „PiS“-Partei nicht von Brüssel dreinreden lassen.
Auch das Drängen auf Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten wird als Einmischung in die polnische Innenpolitik empfunden. Rund 60 Prozent der fast ausschließlich katholischen Bevölkerung lehnen es ab, ihnen die gleiche Hilfe zukommen zu lassen wie Flüchtlingen aus der Ukraine. Eine genaue Zahl zu ukrainischen Staatsbürgern in Polen gibt es nicht, es haben jedoch bereits rund 1,4 Millionen einen Ausweis für einen verlängerten Aufenthalt bekommen.
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