Der erste Sieg der Frauen gegen Trump
Die Zwischenwahlen zum Kongress läuten eine Trendwende in der amerikanischen Innenpolitik ein. Die doppelte republikanische Mehrheit in beiden Häusern des Parlaments ist gebrochen. Einer Machtausweitung der Konservativen im Senat steht für die Partei von Donald Trump der Verlust des Repräsentantenhaus gegenüber. Dort geben ab Januar die oppositionellen Demokraten den Ton an.
Für den Präsidenten, der das Resultat erwartungsgemäß mit dem Spin eines „großartigen Sieges“ schönredet, handelt es sich knapp zwei Jahre nach Amtsantritt um die erste messbare Niederlage. Trump hatte sich - obwohl gar nicht auf dem Stimmzettel gewesen - und seine Politik in den vergangenen Monaten zum zentralen Thema des Wahlkampfes stilisiert.
Großer Andrang bei Midterms
Die Verluste gerade in den Vorstädten großer Ballungsräume mit ihren besser gebildeten Haushalten gehen nicht unwesentlich auf sein Konto. Vor allem Frauen haben dem Macho im Weißen Haus die Rote Karte gezeigt. Auf der anderen Seite stehen Erfolge in ländlichen Gebieten, wo der im Landesfreund historisch unbeliebte Trump unverändert hoch im Kurs steht.
Das Ergebnis im Gesamtbild war von Meinungsforschern seit Wochen erwartet worden. Es bewegt sich unter dem Strich im traditionellen Rahmen. Danach kassiert die Mehrheitspartei, die den Präsidenten stellt, bei den „ midterms“ erfahrungsgemäß eine Fingerzeig-Niederlage. Besonderheit diesmal: die Wahlbeteiligung war überdurchschnittlich hoch.
Aus den Hunderten lokalen und regionalen Duellen und den 36 Gouverneurs-Rennen übergreifende Themen und Motive zu destillieren, muss der detaillierten Nachlese der nächsten Tagen vorbehalten bleiben. Klar ist nur: In vielen Schlüsselrennen setzten sich Kandidatinnen und Kandidaten durch, die sich durch den Verzicht auf ideologischen Extremismus vor allem jüngeren, moderaten und besser gebildeten Wählern empfehlen konnten.
Weil viele Amerikaner die Polarisierung und Spaltung des Landes maßgeblich dem Weißen Haus anlasten, kann der Wahlausgang so interpretiert werden: Durch die Teilung der Macht im Kongress haben die Wähler Trump ein Korrektiv in den Weg gestellt, an dem er nicht vorbei kann.
Das ist die eine Wahrheit. Die andere lautet. Ein ebenfalls nennenswerter Teil der Bevölkerung ist komplett anderer Meinung, begrüßt Trumps nationalistischen Populismus nicht nur, sondern will - notfalls mit einsamen präsidialen Erlassen am Parlament vorbei exekutiert - mehr davon.
Das zeigte sich an mehreren prestigeträchtigen Kopf-an-Kopf-Rennen, bei denen die Republikaner am Ende die Nase vorn hatten. Etwa in Texas, wo Senator Ted Cruz den „weißen Obama“ Beto O-Rourke niederringen konnte. Das Gegenteil wäre eine Sensation gewesen und hätte den redegewandten Schlaks schon jetzt zum geborenen Präsidentschaftskandidaten der Demokraten für 2020 gemacht.
Oder in Florida, wo der Trump-Fan Ron DeSantis in letzter Minute verhinderte, dass mit dem Demokraten Andrew Gillum zum ersten Mal ein Schwarzer Gouverneur im Sunshine State wurde. In beiden Fällen investierte Trump viel politisches Kapital, um die Kandidaten zu pushen.
Ob Trump dem Auftrag der Wähler an und konstruktiv nachkommen wird, darf man aus heutiger Sicht bezweifeln. Ehrbare Kompromisse und Gemeinsamkeiten zu finden, sprich „Deals“, mit denen beide Seiten leben können, war noch nie die Stärke des The-winner-takes-all-Typen Trump.
In den ersten 22 Monaten seiner Amtszeit hat sich der Präsident wie ein ungeduldiger Autokrat geriert, der schon bei den eigenen Leuten schnell die Geduld verliert, wenn sie nicht spuren. Kritische Opposition ist ihm vollends ein überflüssiges Übel.
Bleibt es bei dieser undemokratischen Neigung, werden Nancy Pelosi, die designierte Mehrheitsführerin im „House“, und ihre demokratischen Kolleginnen und Kollegen Trumps Agenda genüsslich nach Kräften torpedieren. Zusetzen, bis hin zur Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens, können sie ihm sowieso.
So wird die Steuer-Reform, die Reiche begünstigt und nicht so sehr die Mittelschicht, neu auf den Prüftstand kommen. Ebenso die von Trump blind forcierte Abschaffung der Krankenversicherung von Vorgänger Obama. Auch um die Finanzierung der Mauer an der Grenze zu Mexiko, Trumps Lieblingsspielzeug in der Einwanderungsdebatte, sieht es düster aus.
Man kann sich außerdem schon jetzt darauf einstellen, dass Trumps Steuererklärung, bisher geheime Verschlusssache, ans Tageslicht gezwungen wird. Untersuchungsausschüsse, die sich unter anderem Trumps Verquickung von Amts- und Privatgeschäften annehmen werden, sind ebenfalls wahrscheinlich.
All das wird eine gewaltige Resonanz in den Medien finden, das Weiße Haus in eine Dauerschleife des Dementierens und Rechtfertigens zwingen, das nationale Selbstgespräch weiter verschärfen und Donald Trump das Regieren massiv erschweren. Wie der leicht cholerisch werdende Unternehmer damit umgehen wird, ist völlig offen. Für Amerika und den Rest der Welt könnte sich eine alte Weisheit bewahrheiten: Es muss erst noch schlimmer kommen, bis es wirklich besser wird.
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