„Die Botschaft der Wahlen lautet: ‚Kriegt das mit dem Brexit hin‘“

Die Niederlage für die Konservativen und Labour bei britischen Lokalwahlen könnte die Parteien zur Zusammenarbeit bewegen.

Eigentlich ging es bei diesen Wahlen um Bürgermeister, Gemeinderäte und Bezirksvorsteher – doch die kümmerten kaum jemanden. Wie ohnehin die gesamte britische Politik seit drei Jahren, drehte sich auch am Tag nach den Regionalwahlen die Debatte nur um eines: den Brexit. Die Großparteien waren vor allem damit beschäftigt sich zuerst zu zerknirschen – und danach die partei-internen und -externen Grabenkämpfe fortzusetzen.

Bei den regierenden Konservativen, die die schwersten Verluste einstecken mussten, gab Premierministerin Theresa May die Parole vor: „Die Botschaft der Wähler ist einfach. Macht endlich Fortschritte und bringt den Brexit über die Bühne.“

Wer diesen Brexit über die Bühne bringen soll, das ließ May ihre Getreuen an der Parteispitze brav skandieren. Die Premierministerin sei eifrig dabei, die Sache zu Ende zu bringen. Der Vorwurf, dass ihr Versagen der Partei die Niederlage eingebrockt habe, sei haltlos. Doch genau den erheben die Europa-Gegner in ihrer Partei. „Die Wähler haben erkannt, dass sie die Lage nicht mehr unter Kontrolle hat“, meint einer der Brexiteers, „sie denken einfach, dass es Zeit für eine Wachablöse ist.“

Ruf nach Referendum

Auch bei der Labour-Partei, die ebenfalls Verluste einfuhr, meinen führende Parteimitglieder, die Botschaft verstanden zu haben. Die würde nämlich schlicht lauten, „kriegt das mit dem Brexit hin.“

Doch wie hinkriegen, darüber tobt bei Labour ein offener Richtungsstreit. Neue Wut auf Parteichef Jeremy Corbyn macht sich bemerkbar.

„Die Botschaft der Wahlen lautet: ‚Kriegt das mit dem Brexit hin‘“

Brexit-Schlingerkurs: Jeremy Corbyn

 

Der bleibt nämlich auch nach der Wahlniederlage vorerst auf seinem Schlingerkurs. Die Labour-Partei, so Corbyn gegenüber der BBC, werde weiterhin versuchen, sowohl die Wähler anzusprechen, die für den Brexit, aber auch jene, die dagegen sind. Doch das wollen die Pro-Europäer in der Partei nicht mehr hinnehmen. „Die Haltung der Labour-Partei ist viel zu zögerlich und unklar. Und das in einer Zeit, wenn sie Führungsqualität und Stärke von uns erwarten – und nicht irgendein Mischmasch.“

„Zuerst friert die Hölle“

Die Europaskeptiker bei Labour dagegen drängen darauf, einen möglichst sanften Brexit endlich durchzuführen – gemeinsam mit den Konservativen. Bei den ohnehin laufenden Verhandlungen zwischen beiden Parteien soll man, laut britischen Medienberichten, einem Kompromiss sehr nahe sein. Großbritannien werde demnach versuchen, doch in einer Art von Zollunion mit der EU zu bleiben. Doch bevor dieser Plan auch nur öffentlich wird, wird er von den Gegnern bereits zerpflückt. Bevor man einen Plan der Konservativen unterstütze, wettert ein Labour-Abgeordneter, „friert die Hölle ein – und mit der Meinung bin ich nicht allein.“

Die Grabenkriege in beiden Parteien gehen also weiter – und das drei Wochen vor den EU-Wahlen und der nächsten Niederlage. Denn die, meint die Zeitung The Independent, sei absehbar: „Die Wähler haben absolut genug: von Brexit, kein Brexit. May, Corbyn ... von allem.“

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