Deutscher Abschiebestopp nach Afghanistan: Debatte hat sich in Österreich damit vorerst erledigt

Abgelehnte Asylbewerber steigen in Baden-Württemberg im Rahmen einer landesweiten Sammelabschiebung in ein Flugzeug.
Grund: Der Vormarsch der Taliban und die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan erlaube derzeit keine Abschiebungen mehr. Damit sind auch Abschiebungen aus Österreich so gut wie unmöglich.

Der vorerst letzte Flug mit abgeschobenen Asylwerbern an Bord hätte vor einer Woche von München aus über Wien nach Afghanistan starten sollen. Doch er wurde abgesagt. Und einen neuerlichen Flug nach Kabul wird es so bald nicht mehr geben.

Wie das Innenministerium in Berlin am Mittwoch bekannt gab, werden vorerst keine weiteren Abschiebungen nach Afghanistan mehr stattfinden. Die Regierung der Niederlande schloss sich diesem Schritt an.

Indirekt kommen dadurch auch die Abschiebungen aus Österreich vorerst zu einem Stopp. Denn abgeschoben wird zumeist in Zusammenarbeit mehrerer EU-Staaten. Bisher hatte oft die EU-Grenzschutzagentur Frontex die Sammelflüge kooordiniert. Doch diese Flüge wurden schon im Juni gestoppt.

Die Regierung in Wien aber beharrt: „Ein faktisches Aussetzen von Abschiebungen steht derzeit nicht zur Diskussion“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch gegenüber der APA. Die Lage in Afghanistan werde gemeinsam mit dem Außenministerium laufend beobachtet und beurteilt.

Zuletzt wollte Deutschland die Flüge organisieren, bisher kam solch ein Flug aber nicht zustande. 

Berlin bremst

Die deutsche Regierung in Berlin stellt klar: „Der Bundesinnenminister hat aufgrund der aktuellen Entwicklungen der Sicherheitslage entschieden, Abschiebungen nach Afghanistan zunächst auszusetzen“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Deutscher Abschiebestopp nach Afghanistan: Debatte hat sich in Österreich damit vorerst erledigt

Zunehmendes Chaos in Afghanistan, Taliban schließen Grenzübergang

Vormarsch der Taliban

Auch in den Niederlanden gelte der Abschiebestopp zunächst für sechs Monate, erklärte
Justizministerin Ankie Broekers-Knol in einem Brief an das Parlament. Eigentlich habe die Regierung ihre Afghanistan-Politik erst im Oktober aktualisieren wollen. „Im Lichte der sich schnell verschlechternden Lage“ sei dies nun vorgezogen worden.

Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich seit der Entscheidung über den Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan Mitte April dramatisch verschlechtert. Die militant-islamistischen Taliban haben inzwischen schon wieder neun Provinzhauptstädte unter ihre Kontrolle gebracht. Auch der Flughafen der Hauptstadt Kabul fiel am Mittwoch in ihre Hände.

Die in Kabul vertretenen EU-Botschafter hatten sich erst am Dienstag für einen Abschiebestopp ausgesprochen. Auch 26 Organisationen, darunter Amnesty International, Pro Asyl, Caritas und die Diakonie plädierten in einer gemeinsamen Erklärung dafür.

Seit 2016 sind mehr als 1000 Migranten von Deutschland aus nach Afghanistan zurückgebracht worden, überwiegend Straftäter.

Insgesamt haben die EU-Staaten im Vorjahr rund 1.200 Personen nach Afghanistan abgeschoben, von Österreich aus waren es 125.

Kommentare