Deutschland: Mehrheit für Merkels Koalition

160 Tage vor der Wahl liegen Union und FDP erstmals seit drei Jahren wieder vorne.

Nach langer Zeit stellt eine Umfrage die erste regierungsfähige Mehrheit für Angela Merkel nach der Bundestagswahl im September in Aussicht: Danach sind 47 Prozent der befragten Deutschen derzeit entschlossen, Union oder FDP zu wählen. SPD, Grüne und „Linke“ kommen zusammen auf 46 Prozent.

„Eine Sensation“, so Bild. Bisher hatte die Dauer-Schwäche der FDP Merkels stratosphärische Beliebtheit nicht ausgleichen können. Das hat sich offenbar mit der Zypern-Krise geändert: Die SPD und ihr Kanzlerkandidat haben Merkel bei der Mehrheit der Wähler immer weniger entgegenzusetzen.

Forsa gilt unter den fünf großen deutschen Umfrageinstituten als dasjenige mit der stärksten Trend-Anzeige, auch wenn die im Vergleich zu anderen oft gewagter scheint. Seine im Auftrag von Stern und RTL regelmäßigen Umfragen erfassen viel mehr als nur die „Sonntagsfrage“ nach der Stimme bei einer theoretischen Wahl „am nächsten Sonntag“.

Die vielen zusätzlichen Antworten interpretierte Forsa-Chef Manfred Güllner zwei Tage zuvor in kleinem Kreis: Bei der letzten Bundestagswahl 2009 seien viele CDU-Stammwähler zur FDP gewandert, weil die vehement Steuervereinfachungen und -senkungen versprochen hatte. Aus Enttäuschung über deren Ausbleiben verliere die FDP nun die Hälfte ihres damaligen Sensationsergebnisses von fast 15 Prozent zurück an CDU und CSU. Trotz mehrjährigen Durchhängens und gleichbleibend schlecht bewerteten Personals käme die FDP derzeit aber wieder auf ihren alten Kern von sechs, eher sieben Prozent. Zusammen mit dem neuen Hoch der Union (Wahl 2009: 33,8 Prozent) von nun 40 Prozent ergäbe das eine knappe Mehrheit für Merkels Weiterregieren.

„Populär“

Die Kanzlerin sei „ungeheuer populär“, so das SPD-Mitglied Güllner. Sie habe es mit Konsens-orientierter Politik verstanden, als „,Präsidenten-Kanzlerin‘ über den Parteien“ zu stehen. Ihr Agieren in der Zypern-Krise habe diese Wahrnehmung der Wähler verstärkt und deren Enttäuschung über die „Energiewende“, als ihnen der abrupte Atomausstieg nach dem Fukushima-Drama verkauft wurde, ausgeglichen.

Anders wäre es, so Güllner, wenn die SPD und ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mehr Kompetenzen zugebilligt würden als nur die in der Gerechtigkeitsfrage, wo sie vor der Union liegt. Im Krisenmanagement und der so wichtigen Wirtschaftskompetenz könne Steinbrück nicht punkten und falle sogar immer weiter ab. Er gelte als „geldgierig, arrogant, ungeschickt und unsympathisch“ bis weit in die SPD-Wählerschaft.

Da 70 Prozent der Deutschen heute zum Euro stünden, würde auch die neue Anti-Euro-Partei „Alternative für Deutschland“ das Erstarken von Merkels Koalition nicht gefährden, so Güllner, auch weil sie ihr Protestpotenzial aus allen Lagern hole.

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