Offiziere der deutschen Luftwaffe von Russland abgehört

Offiziere der deutschen Luftwaffe von Russland abgehört
Russland soll ein Gespräch von Bundeswehroffizieren über den Taurus-Marschflugkörper abgehört haben. Das Verteidigungsministerium prüft.

Das deutsche Verteidigungsministerium geht davon aus, dass ein internes Gespräch von Luftwaffen-Offizieren abgehört worden ist.

"Es ist nach unserer Einschätzung ein Gespräch im Bereich der Luftwaffe abgehört worden. Ob in der aufgezeichneten oder verschriftlichten Variante, die in den sozialen Medien kursieren, Veränderungen vorgenommen wurden, können wir derzeit nicht gesichert sagen", sagte eine Ministeriumssprecherin am Samstag in Berlin.

Am Rande eines Besuchs im Vatikan sprach der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Samstag von einer "sehr ernsten Angelegenheit". Auch der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Konstantin von Notz (Grüne), sprach von einem "hochproblematischen Vorgang." Es stelle sich die Frage, ob es sich um einen einmaligen Vorgang oder ein strukturelles Sicherheitsproblem handle.

Die Chefin des russischen Staatssenders RT, Margarita Simonjan, hatte am Freitag einen Audiomitschnitt des rund 30-minütigen Gesprächs veröffentlicht. Darin sind ranghohe Offiziere der Luftwaffe zu hören, wie sie über theoretische Möglichkeiten eines Einsatzes deutscher Taurus-Marschflugkörper durch die Ukraine diskutieren. 

Scholz lehnt die Lieferung der Marschflugkörper bisher entschieden ab. Nach den Berichten setzten die Offiziere bei ihrem Gespräch voraus, Scholz habe grünes Licht für die Taurus-Lieferung gegeben.

Der Spiegel berichtete, die russische Plattform Russia Today habe am Freitag einen rund 30-minütigen Audio-Mitschnitt veröffentlicht. Darin sei zu hören, wie sich Luftwaffen-Chef Ingo Gerhartz mit mehreren hochrangigen Offizieren über Details einer möglichen Taurus-Lieferung an die Ukraine unterhalte. Dabei gehe es unter anderem darum, wie man bei der Ausbildung von ukrainischen Piloten und der Programmierung der Systeme helfen könnte. HIER geht es zum Mitschnitt auf Telegram.

Zudem werde über mögliche Ziele gesprochen. Unter anderem würden Munitionsdepots und die strategisch wichtige Kertsch-Brücke erwähnt, welche die von Russland annektierte Halbinsel Krim mit dem Festland verbindet. Das Magazin schreibt, die Aufnahmen würden als authentisch eingestuft. Ein Mitschnitt kursiert im Internet.

Russland fordert Erklärung

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums forderte "Erklärungen von Deutschland". Versuche, die Beantwortung dieser Fragen zu vermeiden, "werden als Schuldeingeständnis bewertet werden", sagte Maria Sacharowa.

Kiesewetter: Russland will mit Veröffentlichung Taurus-Lieferung unterbinden

Der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter sagte dem ZDF mit Blick auf die Veröffentlichung: „Man muss davon ausgehen, dass das Gespräch ganz gezielt durch Russland zum jetzigen Zeitpunkt geleakt wurde in einer bestimmten Absicht. Diese kann nur darin liegen, eine Taurus-Lieferung durch Deutschland zu unterbinden.“ Russland wolle Scholz abschrecken, indem man „öffentlich zeigt, wie tief Russland die deutschen Entscheidungsvorbereitungen dazu bereits aufgeklärt hat“. Kiesewetter vermutete zudem: „Dieses Bundeswehr-Leak kann ein russischer Versuch sein, die öffentliche Debatte wegzulenken von den Wirecard-Enthüllungen und der Beerdigung von Alexej Nawalny.“

Kommentare