Angriffe auf Heime für Asylwerber lösen Sorge aus

Bedrohter Ex-Bürgermeister vor beschädigtem Asylbewerberheim.
NPD-Agitation: Ostdeutschland im Fokus.

Tröglitz, ein 2700-Einwohner-Ort in Sachsen-Anhalt, wird zum Symbol der Auseinandersetzung zwischen deutscher Gastfreundschaft und strikter Ablehnung gegenüber Flüchtlingen. In der Nacht zum Karsamstag wurde in dem Ort südlich von Leipzig eine geplante Unterkunft für 40 Asylbewerber durch Brandstiftung schwer beschädigt. Die Flammen gefährdeten zwei deutsche Bewohner des dafür frisch renovierten Hauses. Laut Polizei entstand ein "sechsstelliger" Schaden, eine Spur zu den Tätern hat sie bisher nicht.

Vor einem Monat war der ehrenamtliche Bürgermeister von Tröglitz zurückgetreten, weil er seine Familie dem Druck und der Bedrohung durch Rechtsradikale nicht mehr aussetzen wollte. Über Ostern wurde nun auch der Landrat (Bezirkshauptmann) persönlich in Mails bedroht. Er hält aber an der Unterbringung von Flüchtlingen fest, wenn nun auch nur mehr von vorläufig zehn. Sie sollen ab Mai oder Juni einziehen.

Bundesweites Problem

Wie der Ex-Bürgermeister und dessen Nachfolger gehört der Landrat zum kleinen Teil der Bevölkerung in der Gegend, der Asylanten aufnehmen will: 500 demonstrierten dafür am Sonntag unter Führung von Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Rainer Haseloff (CDU). "Tröglitz ist überall", sagte er dabei, die Übergriffe seien "ein bundesweites Problem".

Tatsächlich ist die Zahl der Angriffe auf bestehende oder geplante Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland erheblich gestiegen. 2014 registrierte die Polizei bundesweit 162 rechtsextrem motivierte Angriffe auf Unterkünfte für Asylbewerber. 2013 waren es 58.

Der Großteil der Bevölkerung rund um Tröglitz ist gegen den Zuzug von Asylwerbern und sympathisiert damit indirekt mit der Neonazi-Partei NPD. Die hat Tröglitz zum Schwerpunkt ihrer Propaganda gemacht und bisher neun Mal gegen die Asylpläne demonstriert.

Im Vorjahr war es auch in zwei westdeutschen Ländern zu Brandanschlägen auf geplante Asylbewerberheime gekommen, nur einer wurde aufgeklärt. Auch jetzt gab es wieder viele mahnende Worte aus der Politik. Der Sprecher der privaten Organisation Pro Asyl mahnte zu besserer Aufklärung: Die Ängste der Menschen seien nachvollziehbar, wenn sie mit großen Flüchtlingszahlen konfrontiert würden. Der Generalsekretär der Europarats, Thorbjörn Jagland, nahm Tröglitz zum Anlass, "gegen den wachsenden Hass und die Intoleranz überall in Europa" aufzurufen. Sie gefährdeten zunehmend die Demokratie.

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