Ansbach: Bekenner-Video auf Handy des Attentäters

Polizisten am Tatort in Ansbach
In der Nacht auf Montag sprengte sich ein 27-jähriger Syrer in einer Menschenmenge in Bayern in die Luft. 15 Personen wurden verletzt. Attentäter stellte 2014 Asylantrag in Österreich. An Flughäfen und Bahnhöfen wird Polizei verstärkt.
Was wir bisher wissen
  • In der Nacht auf Montag sprengte sich ein Mann vor dem Gelände eines Musikfestivals in Ansbach in die Luft.
  • Mindestens 15 Menschen wurden dabei verletzt, der Tatverdächtige ist tot. (anfänglich sprach die Polizei von zwölf Verletzten, Anm.)
  • Das Konzertgelände mit mehr als 2.500 Besuchern wurde evakuiert.
  • Beim Verdächtigen handelt sich um einen 27-jährigen Syrer, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt.
  • Ein Asylantrag wurde vor einem Jahr abgelehnt, er hätte nach Bulgarien abgeschoben werden sollen.
  • Der Attentäter stellte 2014 einen Asylantrag in Österreich.
  • Attentäter erhielt kurz vor der Tat Abschiebeanordnung
  • Der Syrer war zudem polizeibekannt und galt als suizidgefährdet.
  • Auf dem Handy des Attentäters ist ein IS-Bekennervideo gefunden worden. Der von Innen- und Justizministerium vermutete islamistische Hintergrund hat sich somit bestätigt. Der IS bekennt sich zum Bombenattentat.
  • Ministerpräsident Horst Seehofer: "Bayern erlebt Tage des Schreckens"
  • Innenminister Thomas de Maizière: An Flughäfen und Bahnhöfen wird Bundespolizei verstärkt. Auch die Schleierfahndung geht weiter.

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert.

Es ist bittere Realität: Allem Anschein nach hat in Deutschland erstmals ein terroristischer Rucksackbomber zugeschlagen. Bayern geht beim Ansbacher Attentat von einem klaren islamistischen Hintergrund aus. Der Generalbundesanwalt hat die Terrormiliz IS im Verdacht. Einen radikalislamischen Hintergrund des Bombenattentats im fränkischen Ansbach mit 15 Verletzten sieht auch die Landesregierung in München. Darauf deuteten die Umstände der Bluttat des Flüchtlings aus Aleppo "schon sehr" hin, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag.

Generalbundesanwalt ermittelt nun

Der Generalbundesanwalt übernahm die Ermittlungen - unter anderem wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Der Attentäter war laut IS-Sprachrohr Amak ein "Soldat des Islamischen Staates". Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) äußerte sich am Nachmittag in Berlin noch vorsichtiger: "Ein Bezug zum internationalen Terrorismus des sogenannten Islamischen Staates ist aus meiner Sicht ebenso wenig auszuschließen wie das Vorliegen einer besonderen Labilität dieser Persönlichkeit oder eine Kombination von beidem."

Es war die dritte Bluttat in Bayern innerhalb einer Woche. Er verstehe die Sorgen der Bevölkerung, sagte de Maizière weiter. Er mahnte zugleich Besonnenheit und warnte vor einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge. Die ganz große Mehrheit komme nach Deutschland, um hier in Frieden zu leben: "Das muss sauber getrennt werden."

Bekennervideo am Handy

Herrmann sagte zu einem Bekennervideo des 27-Jährigen: "Die Polizei hat bei der Auswertung der Handys, die bei dem Täter gefunden worden sind, unter anderem eine Videoaufnahme entdeckt, in der sich der Täter klar zum islamistischen Kampf bekennt und auch ankündigt, dass er mit einem Anschlag sich an Deutschen rächen will." Es sei für ihn "klar, dass es ein Anschlag mit islamistischem Hintergrund ist. Ob der Täter selbst einen unmittelbaren Kontakt zum IS hatte, das ist noch Gegenstand der Ermittlungen."

Der mutmaßliche Täter hatte am Sonntagabend bei einem Musikfestival einen Sprengsatz gezündet und sich damit selbst getötet. Er habe die Bombe mit scharfkantigen Metallteilen in seinem Rucksack bei dem Fest mit etwa 2.500 Besuchern zünden wollen. Eine erste Auswertung habe ergeben, dass der Mann Gewaltvideos mit islamistischer Ausrichtung und salafistischem Inhalt hatte, sagte Herrmann. Bei der Durchsuchung seiner Asylunterkunft sei eine Fülle von Materialien gefunden worden, die zum Bau weiterer Bomben geeignet gewesen wären.

Asylantrag auch in Österreich

Der Syrer war bereits vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen. Er hatte ab Februar 2015 eine Duldung erhalten, die mehrfach verlängert wurde. Im August 2014 hatte der Syrer den Angaben zufolge einen Asylantrag gestellt. Im Verfahren seien Registrierungen in anderen EU-Staaten festgestellt worden: Es habe eine Antrag in Bulgarien gegeben und später in Österreich, sagte de Maizière. Bulgarien habe mitgeteilt, dass der Mann dort Flüchtlingsschutz hatte. In Deutschland sei mit Bescheid vom 2. Dezember 2014 der Asylantrag abgelehnt und die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet worden. Der Attentäter hat laut Herrmann kurz vor seiner Tat eine Abschiebeanordnung erhalten. Ob diese Anordnung die Attentatsabsicht beschleunigt habe, sei im Moment aber Spekulation, sagte Herrmann am Montag in der ARD.

Im Rahmen eines Gerichtsverfahrens seien medizinische Atteste vorgelegt worden, die die psychische Labilität des Mannes untermauert hätten. Die Abschiebeandrohung sei zunächst aufgehoben und am 13. Juli dieses Jahres wieder aufgenommen worden. Laut Herrmann war der Mann vor kurzem erneut aufgefordert worden, Deutschland innerhalb von 30 Tagen Richtung Bulgarien zu verlassen.

Mehr Polizei an Flughäfen und Bahnhöfen

De Maizière versicherte, der Rechtsstaat sei stark und bleibe stark. Die Sicherheitsbehörden würden alles tun, damit sich solche schrecklichen Taten nicht wiederholen. "Eine absolute Sicherheit dafür gibt es aber nicht", sagte de Maizière. Die Bundespolizei werde ihre Präsenz an Flughäfen und Bahnhöfen sichtbar verstärken, im Grenzbereich werde die Schleierfahndung angewandt.

Union und SPD in Berlin streiten nun erneut über einen Einsatz der Bundeswehr im Inland. De Maizière sagte: "Für eine Änderung des Grundgesetzes sehe ich keine parlamentarische Mehrheit." Aktuell komme es darauf an, auf Basis der geltenden Rechtslage zu handeln. Dazu gehöre ein möglicher Bundeswehreinsatz bei besonders schwierigen, andauernden Terrorlagen.

Die Bundesregierung warnte, Flüchtlinge generell unter Terrorverdacht zu stellen. "Die meisten Terroristen, die in den letzten Monaten in Europa Anschläge begangen haben, waren keine Flüchtlinge", betonte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums gibt es nach mehr als 400 Hinweisen aus dem Umfeld von Flüchtlingen - etwa aus Unterkünften - 59 laufende Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verwicklung in terroristische Strukturen. Die Gefahr sei weiterhin groß.

Würzburg, München, Ansbach

Am Montag vergangener Woche hatte ein afghanischer Flüchtling unter anderem in einer Regionalbahn in Würzburg Menschen mit einer Axt angegriffen. Die Terrormiliz IS beansprucht die Tat für sich. Am Freitag war ein junger Mann in München Amok gelaufen - einen politischen Hintergrund gab es wohl nicht. Dabei starben neun Menschen, etliche wurden verletzt. Der Täter tötete sich selbst. Der 18-Jährige tötete nach Angaben der Ermittler mehrere Opfer mit Kopfschüssen und orientierte sich vermutlich an Killerspielen. Ein mutmaßlicher Mitwisser des Amokschützen ist unterdessen nach seiner Festnahme vom Sonntagabend wieder auf freiem Fuß. Gegen den 16-Jährigen wird wegen des "Nichtanzeigens einer Straftat" ermittelt, weil er möglicherweise von dem geplanten Amoklauf wusste.

18. Juli - Ein 17-jähriger Flüchtling aus Afghanistan hat am vergangenen Montagabend mit einer Axt und Messern Fahrgäste in einem Regionalzug bei Würzburg-Heidingsfeld in Bayern attackiert, drei Menschen sind lebensgefährlich verletzt worden. Die Polizei hat den Jugendlichen erschossen, als dieser auf der Flucht Beamte angegriffen hat.

22. Juli - In München hatte am vergangenen Freitag ein 18-jähriger Schüler beim Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen und dann sich selbst erschossen. Als möglichen Mitwisser der Tat nahm die Polizei inzwischen einen 16-jährigen Freund des Amokläufers fest.

24. Juli - Mit einer Machete hat ein syrischer Asylwerber in Reutlingen in Baden-Württemberg eine Frau getötet und fünf Menschen verletzt. Der Mann wurde verhaftet.

25. Juli - Im bayrischen Ansbach hat sich ein syrischer Flüchtling in der Nacht auf Montag im Eingangsbereich eines Festivalgeländes in die Luft gesprengt. Zwölf Menschen wurde verletzt, drei davon schwer. Das Motiv ist noch unklar.

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