Bahn: Krise in Mainz als Wahlkampfthema

A station clock is pictured at a platform of the main train station in Mainz August 12, 2013. German rail operator Deutsche Bahn cancelled most of its regional service in Mainz due to lack of personnel. The Mainz railway control centre is severely understaffed, out of 15 traffic controllers eight called in sick or are on vacation according to local media. REUTERS/Ralph Orlowski (GERMANY - Tags: TRANSPORT)
Unterbesetzung und Sturheit legen Landes-Hauptbahnhof lahm, DB-Personalpolitik reagiert.

Vor zwei Wochen fing es an: Plötzlich fielen in der Nacht Züge im Hauptbahnhof von Mainz aus, rasch wurden es mehr. Inzwischen ist der Hauptbahnhof der Landeshauptstadt in der Nacht ohne Züge, tagsüber fährt bestenfalls jeder zweite. Damit hat Deutschland ein neues Sommer- und Wahlkampfthema: die Personalpolitik der Deutschen Bahn. Für die Opposition steht sie am Pranger wegen zu viel Privatisierung, für die Liberalen wegen zu wenig. Am Dienstag begann ein Krisengipfel von Verkehrsminister, Bahnchef, Landeschefs und Beteiligten.

Personal-Lage

Ursache für den Skandal ist die Personal-Lage im Stellwerk: Von fünfzehn „Fahrdienstleitern“ haben sich acht krankgemeldet, vier sind auf Urlaub, da geht sich nur mehr eine Tagschicht aus. Weil sich Ersatz aus anderen Bahnhöfen erst einarbeiten müsste und im Hochsommer auch nicht da ist, gibt es den offenbar auch nicht.

Denn die Deutsche Bahn ist, wie sie nun einräumt, am Ende ihrer personellen Möglichkeiten. Seit 1994, ihrer Umwandlung von einem Staat im Staate zu einer zumindest formellen Aktiengesellschaft, hat sie 100.000 Stellen, mehr als ein Drittel, gestrichen. Weil dies angesichts starker Gewerkschaften nur mit natürlichem Abgang geschehen durfte, liegt heute das Durchschnittsalter der DBler bei 48 Jahren – und der Krankenstand hoch.

Der nun seinen Urlaub unterbrechende Bahnchef Rüdiger Grube räumt Management-Fehler seiner Vorgänger ein: Man habe insgesamt zu wenig Personalreserve und in Mainz gar keine mehr. Den Direktor der Netzgesellschaft hat er deshalb in Pension geschickt.

Unflexibel

Die naheliegende Frage vieler Kunden und der Presse, warum gerade jetzt so viele Kollegen krank sind und nicht doch einige aus dem Urlaub geholt werden könnten, ist der DB unbequem. Denn die Eisenbahner-Gewerkschaft EVG wird da rasch wütend: Die Kollegen hätten nach permanenter Überlastung ihren Urlaub wohl verdient, allein die Frage sei eine „Sauerei“.

Die Presse sieht deren Sturheit in einem anderen Zusammenhang: In einem Jahr läuft das Stillhalte-Abkommen zwischen EVG und der noch stureren Lokführergewerkschaft GDL aus, dann fürchtet die EVG einen noch schnelleren Mitgliederschwund als bisher. Da könne das Demonstrieren der Personalprobleme mit urlaubsreifen Bahn-Kunden als Geiseln nur hilfreich sein.

Inzwischen hat aber doch ein „Fahrdienstleiter“ den Urlaub unterbrochen. Und Bahn-Technik-Chef Volker Kefer die Einstellung von 1100 neuen Fahrdienstleitern versprochen.

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