Zugausfälle wegen Personalmangel

In Mainz fallen seit einer Woche Züge aus, die Fahrdienstleiter sind krank oder im Urlaub. Auch andere Bahnhöfe sind betroffen.

Seit einer Woche fallen in Mainz viele Züge aus oder werden umgeleitet. Der Grund: Knapp die Hälfte der 15 Fahrdienstleiter für das Stellwerk am Mainzer Hauptbahnhof ist krank oder auf Urlaub. Am Montag verschärfte sich die Lage weiter: In den frühen Morgenstunden trat der neue Notfahrplan der Deutschen Bahn in Kraft. Züge im Nahverkehr fahren statt im Halbstunden- nur noch im Stundentakt, der Fernverkehr beschränkt sich auf Züge Richtung Worms und Gegenrichtung. "Wegen des entsprechend höheren Zugaufkommens durch Umleitung ist mit Verspätungen im gesamten Rhein-Main-Gebiet und Südhessen zu rechnen", kündigte die Bahn an.

Der Notfahrplan sei "zunächst anvisiert" bis Ende August, sagte ein Bahn-Sprecher in Berlin. Am Dienstag will sich das Unternehmen dazu äußern, wie es in Mainz weiter geht. Aktuell wird in Mainz versucht, Fahrdienstleiter aus dem Urlaub zurückzuholen. "Das kann nur auf freiwilliger Basis geschehen", betonte DB-Netz-Vorstandschef Frank Sennhenn.

Mainz kein Einzelfall

Die Probleme der Deutschen Bahn im Stellwerk Mainz sind kein Einzelfall. Auch an anderen Schaltstellen des Unternehmens sei die Personaldecke zu dünn, räumte Sennhenn am Montag in der ARD ein. "Wir haben bundesweit eine angespannte Situation." Man sei dabei, alle Stellwerke mit ähnlich kritischer Lage personell nach Kräften abzusichern. 2013 wolle die Bahn 600 neue Fahrdienstleiter einstellen. Das Problem sei, dass die Schulung sieben Monate dauere, sodass die Mitarbeiter nicht kurzfristig eingesetzt werden könnten. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sprach erneut von einer falschen Personalpolitik, die sich nicht nur bei den Stellwerke auswirke: "Wir haben auch in anderen Bereichen eine Reduzierung des Verkehrs, weil Personal fehlt", sagte EVG-Chef Alexander Kirchner (Bild) gegenüber Reuters TV.

Überalterung und kaum Nachwuchs

Hintergrund der Personalknappheit sind auch Überalterung und Nachwuchsmangel. Das Durchschnittsalter in der Netzsparte liegt bei 47 Jahren und damit noch über dem Konzerndurchschnitt. Dokumente aus der Personalabteilung zeigen, die Reuters vorliegen, zeigen, dass die Überalterung bei Fahrdienstleitern seit mindestens vier Jahren bekannt war. Bis vergangenes Jahr änderte sich daran aber kaum etwas.

In Konzernkreisen hieß es, die Mängel in der Personalplanung hätten auch mit der Ablösung des Chefs der Netz-Sparte, Oliver Kraft Anfang 2013 zu tun. Kraft hatte die Netz-Sparte zum wichtigsten Gewinnlieferanten des Konzerns gemacht. Über Jahre wurden gerade in diesem Bereich jährlich tausende Stellen abgebaut. Zugleich wurden allerdings die Stellwerke wegen verzögerter Investitionen im Zuge des geplanten Börsengangs 2008 langsamer als zunächst geplant durch moderne vollelektronische ersetzt, was zu einer Personalentlastung geführt hätte.

Konsequenz: Hess soll gehen

Die teilweise Abkopplung des Mainzer Bahnhofs hat nun Konsequenzen für Manager des Staatsunternehmens. Bahnchef Rüdiger Grube will nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen den Vorstand Produktion der für das Schienennetz zuständigen Bahn-Tochter DB Netz AG, Hansjörg Hess, von seinen Aufgaben entbinden. Die Ablösung von Hess sei schon seit längerem geplant gewesen, die Ereignisse in Mainz hätten sie jedoch beschleunigt, berichtete die Stuttgarter Zeitung Hess ist seit Juni 2011 Vorstandsmitglied der Netz-Sparte. Bahnchef Grube bricht angesichts der Turbulenzen nun seinen Urlaub ab. Er will am Mittwoch an einem Spitzengespräch mit Personalmanagern der Bahn und der Führung der Gewerkschaft EVG teilnehmen.

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