Der unberechenbare Mr. Trump steht unter Erfolgsdruck

Freundschaft? Trump bei der Abreise vom G-7-Gipfel
Mit einem praktisch gescheiterten G-7-Gipfel im Gepäck reist Trump zur "Friedensmission" nach Singapur. Er will als großer Staatsmann in die Geschichte eingehen.

Donald Trump, der Bauchpolitiker: „Binnen einer Minute“, tönte er vor seiner Abreise nach Singapur, werde er wissen, ob Kim Jong-un ernsthaft bereit sei, seine Waffen aufzugeben. Das allererste und somit jedenfalls historische Treffen eines US-Präsidenten mit einem nordkoreanischen Machthaber mit Start am Dienstag, drei Uhr früh (MESZ), könnte also sehr schnell wieder vorbei sein. Fünf Stunden soll Trump geplant haben, aber in Singapur wird eine Verlängerung des Treffens nicht ausgeschlossen. Am 14. Juni will Trump jedenfalls wieder in den USA sein und dort seinen 72. Geburtstag feiern.

Ob mit oder ohne Geschenk Kims, das lässt sich angesichts der beiden unberechenbaren Protagonisten nicht sagen. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges des Gipfels, der unter enormen Sicherheitsvorkehrungen über die Bühne gehen wird, sei „ebenso wie sein Zustandekommen: vor einem halben Jahr noch undenkbar, heute in greifbarer Nähe“, sagte Nordkorea-Experte Rüdiger Frank, Leiter des Ostasieninstituts der Uni Wien, im dpa-Interview.

„Wobei Donald Trump richtig gesagt hat, dass der Gipfel in Singapur nur der Anfang eines langen Prozesses sein kann – aber immerhin.“ Der Experte hält Trump zugute, er habe es „mit seiner unkonventionellen Art geschafft, die in den letzten Jahren aufgerichteten Hürden und in den Sand gezogenen roten Linien zu überwinden“.

Viel steht auf dem Spiel

Viel mehr an weltpolitischen Erfolgen kann Trump bislang aber nicht für sich verbuchen. Oder wie es ein Berater des südkoreanischen Präsidenten Moon, der das Treffen zwischen Trump und Kim vermittelte, formuliert: Trump kann bei den Verhandlungen in Singapur viel gewinnen, aber auch viel verlieren. „Wenn Donald Trump das an die Wand fährt, dann ist er komplett gescheitert“, sagt Moon Chung-in. Trump habe „Nahost aufgemischt, den Iran-Deal vertan und keine Antworten in Afghanistan geliefert“, der Amerikaner brauche dringend einen Erfolg – auch in Hinblick auf die Zwischenwahlen für den US-Kongress im November.

Der unberechenbare Mr. Trump   steht unter Erfolgsdruck

Kim Jong-un bei seiner Landung in Singapur

Trump will erreichen, dass Nordkorea vollständig atomar abrüstet. Moon Chung-in kann sich vorstellen, dass Kim bei Atombomben und Langstreckenraketen dazu bereit ist. Der Preis dafür? „Die Anerkennung Nordkoreas. Oder das formale Kriegsende. Oder ein Nichtangriffspakt“, zählt der Präsidentenberater gegenüber dem ZDF auf. „Am Ende, nach Abrüstung und Verifikation, könnten dann normale Beziehungen stehen.“

Der unberechenbare Mr. Trump   steht unter Erfolgsdruck

Anders als Trump sei Kim nicht auf sofortige Erfolge angewiesen, glaubt der Experte. Zwar könne auch er in seinem Land unter Druck geraten, „vor allem beim Militär“. Allerdings habe Kim mehr Zeit als Trump: „Ihm droht kein Machtverlust.“ Auf die Frage, warum Kim einem Verhandlungspartner vertrauen sollte, dem bekanntlich wenig an Verträgen liegt, erklärt Moon: „Wenn Trump Zusagen macht und sie ohne gute Gründe wieder bricht, würden Südkorea, China und Russland Nordkorea sicherlich beistehen. Da entstünde viel Druck.“

Außer Frage steht, dass Kim rasch das Ende der schmerzhaften Wirtschaftssanktionen erreichen will, um langfristig den Anschluss an das boomende Südkorea zu schaffen. Das strategische Ziel des Mittdreißigers ist nach Ansicht von Rüdiger Frank, schlussendlich einen innerkoreanischen Wiedervereinigungsprozess dominieren zu können.

Geht der Gipfel auf der Insel Sentosa am Dienstag schief, droht laut Pentagonchef Mattis eine Eskalation bis hin zum erheblichen Blutvergießen. Bleibt also abzuwarten, welcher der Inselnamen in die Weltpolitik eingehen wird: Santosa (Insel des Friedens) oder – wie die einstige Pirateninsel bis 1972 hieß – Pulau Belakang Mati, Insel des Todes.

Differenzen bei G7-Gipfel

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