Der Mord, der alles änderte: Slowaken wieder auf den Straßen

Der Mord, der alles änderte: Slowaken wieder auf den Straßen
Zwei Jahre nach dem Journalistenmord wird in der Slowakei gewählt. Am Jahrestag hielten Tausende Mahnwachen. Der Frust bleibt groß.

Es war der 21. Februar 2018. Bei Ján Kuciak und Martina Kušnírová zu Hause klingelte es an der Tür. Kuciak machte auf – und wurde sofort erschossen. Kušnírová flüchtete in die Küche. Als Zeugin musste auch sie sterben.

Der Mörder des jungen Investigativ-Journalisten und dessen Verlobter war Miroslav M. – er hat die Tat im Jänner nach zwei Jahren Ermittlungen gestanden. Doch was in der Zwischenzeit in der Slowakei (unter anderem wegen dieser Tat) zutage gefördert wurde, schockte nicht nur die Slowaken, sondern ganz Europa.

Ján Kuciak hatte auf dem Portal Aktuality.sk Korruption und Vetternwirtschaft im Land aufgedeckt. Ein erst nach seinem Tod veröffentlichter Artikel deutete gar auf mögliche Verbindungen in der slowakischen Regierung mit italienischen Mafiaclans hin.

Wahlmüde

Bis dahin regierte eine Koalitionsregierung, angeführt von den Sozialdemokraten (Smer) unter Robert Fico. Sie hatten bei der Wahl 2016 zwar viele Stimmen verloren, aber waren immer noch weit vor allen anderen.

Die Slowaken sind schon seit Langem wahlmüde, bei der Präsidentenwahl im Vorjahr, die die Liberale Zuzana Čaputová für sich entscheiden konnte, ging nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten zur Urne.

Dennoch wachte die Bevölkerung durch den Doppelmord und die danach folgenden Ermittlungen auf – und ging Woche für Woche zu Tausenden auf die Straße. Wie auch am Freitag, am Jahrestag des Doppelmordes. Ihre Wut richtet sich gegen die Regierenden, denen sogar kurzfristig der Auftrag des Mordes zugetraut worden war.

Der Mord, der alles änderte: Slowaken wieder auf den Straßen

Unternehmer Marian Kočner baute sich seinen eigenen "Staat"

Doch hinter Kuciaks Tod steht Marian Kočner. Der Immobilien- und Finanzunternehmer hat in der Slowakei jahrelang seinen eigenen „Staat im Staat“ aufgebaut, wie Beata Balogová, Chefredakteurin der slowakischen Zeitung Sme, sagt: „Er hatte Verbindungen zu Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichten und sammelte belastendes Material über Politiker, um diese zu erpressen.“

Verantwortlich dafür sei auch die regierende Smer-Partei, sagt die Journalistin. „Sie hat das Land mehr als ein Jahrzehnt lang regiert und dabei einen fruchtbaren Boden für Kočner und seine korrupten Aktivitäten bereitet.“ Die enttäuschten und wütenden Slowaken erreichten durch die Demonstrationen immerhin die Rücktritte einer Reihe von bis dato mächtigen Entscheidungsträgern in Politik, Polizei und Justiz – allen voran des Langzeit-Premiers Robert Fico.

„Wir müssen jetzt nicht nur die Mörder von Ján Kuciak und Martina Kušnírová verurteilen, sondern auch sichergehen, dass es hier nie mehr möglich ist, dass jemand wie Kočner sein Unwesen treibt“, sagt Balogová mit Blick auf die Wahlen am 29. Februar. Die Smer wird enorme Verluste einstecken. Das ist klar. Aber wer der Herkulesaufgabe gewachsen ist, den Staat zu säubern, das weiß niemand so genau. 

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