Der Iran wirft den USA eine "inakzeptable Eskalation" vor

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Die Truppenbewegungen der USA machen den Iran unrund. Einen Dialog mit den USA schließt der Außenminister aus.

Der Iran hat den USA eine "inakzeptable Eskalation" der Spannungen vorgeworfen, nachdem Washington seine Streitkräfte in der Region massiv verstärkt hatte. Außenminister Mohammed Jawad Zarif betonte am Donnerstag, sein Land zeige "maximale Zurückhaltung" angesichts des Vorgehens Washingtons. Saudi-Arabien machte den Iran für einen Drohnenangriff der jemenitischen Houthi-Rebellen auf saudiarabische Ölanlagen verantwortlich.

Zarif hat einen Dialog mit den USA zum Abbau der aktuellen Spannungen ausgeschlossen. "Nein, es gibt keine Möglichkeit für Verhandlungen", sagte Zarif nach Angaben der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo am Donnerstag in Tokio. Demnach antwortete er auf eine Frage, ob er offen für bilaterale Gespräche mit Washington sei, um die Spannungen abzubauen.

"Die Eskalation durch die USA ist inakzeptabel", sagte Zarif bei einem Besuch in Tokio. Trotz der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump vor einem Jahr zum Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen lasse die iranische Regierung "maximale Zurückhaltung" walten. Teheran fühle sich weiterhin dem Abkommen "verpflichtet" und halte laut internationalen Kontrollen seine Verpflichtungen ein, betonte Zarif.

Trump hatte im Mai 2018 den Ausstieg seines Landes aus dem Atomabkommen verkündet und scharfe Sanktionen verhängt. Nach ihrer weiteren Verschärfung kündigte Teheran Anfang Mai an, bestimmte Bestimmungen des Atomabkommens nicht mehr einzuhalten. Zudem warnte der Iran, binnen 60 Tagen zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, sollten die verbliebenen Vertragspartner ihm nicht entgegenkommen.

Die USA erhöhten daraufhin weiter den Druck. Unter Verweis auf eine "unmittelbare Bedrohung" der US-Interessen durch proiranische Milizen im Irak verstärkten die USA ihr Militär in der Region. Am Mittwoch zogen sie zudem den Großteil ihrer Diplomaten aus dem Irak ab. International wurde dieses Vorgehen mit Sorge und Skepsis betrachtet, da die USA weder Details noch Belege für die genannte Bedrohung nannten.

Zusätzlich verschärft wurde die Situation in den vergangenen Tagen durch mysteriöse "Sabotageakte" gegen vier Öltanker vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate, zu denen sich zunächst niemand bekannte. Zudem attackierten Drohnen mehrere Ölanlagen in Saudi-Arabien. Den Angriff beanspruchten die jemenitischen Houthi-Rebellen, die seit 2015 im Konflikt mit Riad liegen und vom Iran unterstützt werden.

Saudi-Arabien machte am Donnerstag den Iran für den Angriff verantwortlich. Der von Teheran angeordnete "Terrorangriff" zeige, dass die jemenitische Miliz "ein Instrument des iranischen Regimes" sei, um seine Interessen in der Region durchzusetzen, erklärte Vize-Verteidigungsminister Prinz Khaled bin Salman. Die Houthis seien "ein untrennbarer Teil" der iranischen Revolutionsgarden und unterstünden ihrem Kommando.

Yemen's Houthi movement forces are seen during withdrawal from Saleef port in Hodeidah province

Truppen der Houthi-Rebellen im Jemen

Riad bezeichnet die Houthis seit langem als verlängerten Arm des Iran. Viele Experten halten Irans Einfluss aber für deutlich geringer und bezweifeln, dass Teheran die Rebellengruppe steuern kann. Als Vergeltung für die Drohnenangriffe flogen Kampfflugzeuge der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition am Donnerstag Angriffe auf die jemenitische Hauptstadt Sanaa, bei denen laut einem Arzt sechs Menschen getötet wurden.

Die Konfrontation in der Golf-Region befeuert die Angst vor einem Krieg. Zwar betonten sowohl US-Außenminister Mike Pompeo als auch Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei zuletzt, dass sie keinen Krieg wollten. Es besteht aber die Sorge, dass ungewollt ein militärischer Zwischenfall zu einer unkontrollierten Eskalation führt. Die Gefahr ist umso größer, da keine direkten Gesprächskanäle bestehen.

Trumps Glaube ans Dealen

Obwohl Khamenei wiederholt Gespräche abgelehnt hat, äußerte sich Trump zuversichtlich, dass der Iran "bald" zu Verhandlungen bereit sei. "Ich bin mir sicher, dass der Iran bald sprechen will", schrieb er auf Twitter. Medienberichte, wonach es im Weißen Haus Streit um das Vorgehen gebe, wies er zurück. "Verschiedene Meinungen werden geäußert und ich treffe die finale und abschließende Entscheidung", schrieb er.

Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, forderte eine internationale Friedensinitiative, um die Lage zu deeskalieren. "Es genügt vielleicht schon ein kleiner Funke oder ein militärisches Missverständnis, um das ganze zur Explosion zu bringen", warnte Ischinger in der "Bild"-Zeitung. Die Europäer sollten die Krise mit den Mitunterzeichnern des Atomabkommens, Russland und China, zur "Chefsache" machen.

Iran bereitet erhöhte Urananreicherung vor

Der Iran hat am Donnerstag angekündigt, Vorbereitungen zur Erhöhung der Produktion von angereichertem Uran und schwerem Wasser zu treffen. "Der Prozess zur Erhöhung der Kapazität und des Produktionsrhythmus von angereichertem Uran und schwerem Wasser hat am Tag begonnen, als der Präsident dies angeordnet hat", sagte ein Sprecher der Iranischen Atomenergiebehörde, Behrus Kamalwandi, am Donnerstag laut der Nachrichtenagentur Isna.

Präsident Hassan Rouhani hatte am 8. Mai angekündigt, dass der Iran nicht länger die Begrenzungen bei den Beständen von angereichertem Uran und schwerem Wasser einhalten werde, die in dem internationalen Atomabkommen von 2015 vereinbart worden waren. Er reagierte damit auf den einseitigen Ausstieg von US-Präsident Donald Trump aus der Vereinbarung ein Jahr zuvor und die Verhängung neuer Sanktionen.

Das Abkommen soll sicherstellen, dass der Iran nicht die Fähigkeiten zur Herstellung einer Atombombe erwirbt. Gemäß der Vereinbarung reduzierte der Iran sein Atomprogramm deutlich. Im Gegenzug wurden die im Atomstreit verhängten Finanz- und Handelsbeschränkungen aufgehoben. Laut dem Deal darf der Iran maximal 130 Tonnen schweres Wasser und 300 Kilogramm um 3,67 Prozent angereichertes Uran besitzen.

Mengen, die diese Grenzwerte überschreiten, sollten exportiert werden. Die USA annullierten jedoch jüngst eine Ausnahmeregelung für den Export von Uran und schwerem Wasser und erschwerten damit ihre Ausfuhr. "Iran sieht sich nicht länger an diese Obergrenzen gebunden", sagte Kamalwandi nun. Wenn der Iran diese Grenzen überschreite, sei das nicht sein Problem sondern jenes der Mitunterzeichnerstaaten des Abkommens.

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