Der Irak hat eine neue Regierung

Haidar al-Abadi
Hoffnung keimt auf im terrorisierten Land: Premier Abadis Priorität ist die Bekämpfung des IS.

Inmitten der Kämpfe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ist im Irak eine neue Regierung vereidigt worden. Die Mitglieder des neuen Kabinetts von Ministerpräsident Haidar al-Abadi hätten im Parlament ihren Amtseid abgelegt, berichtete die unabhängige Nachrichtenseite Al-Sumaria News. Posten für das Innen- sowie das Verteidigungsressort wurden am Montag jedoch noch nicht vergeben.

Abadi habe sich eine weitere Woche Bedenkzeit erbeten, um die beiden Posten zu besetzen, berichtete der irakische Fernsehsender Al-Sharqiya. Bis dahin übernimmt er selbst dort kommissarisch die Kontrolle. Auch die scheidende Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki hatte mit einigen übergangsweise geleiteten Ministerien begonnen. Einige Ressorts wurden jahrelang auf diese Weise geführt.

Das Regierungsprogramm wurde nach Angaben von Al-Sumaria News mit 177 von 289 Stimmen angenommen. Einige sunnitische Abgeordneten der insgesamt 328 Abgeordneten seien der Abstimmung aus Protest gegen die schiitische Dawa-Partei Abadis ferngeblieben, berichtete Al-Sharqiya unter Berufung auf Parlamentssprecher Salim al-Jaburis.

Kurden wollen mehr

Zuvor hatte auch ein Streit mit kurdischen Abgeordneten die Regierungsbildung gefährdet. Die Parlamentarier wollten Abadi mehr Zugeständnisse für die kurdische Autonomieregion im Nordirak abringen. Die Kurden liegen seit Langem mit der Zentralregierung in Bagdad wegen Streitigkeiten über Gebiete und die Öl- und Gasvorkommen des Landes über Kreuz. Kurdische Peschmerga-Soldaten hatten in den letzten Wochen die Provinzen gegen Angriffe des IS verteidigt, nachdem irakische Truppen geflohen waren.

Abadi kündigte bei seiner Antrittsrede an, sich für die Lösung des Konflikts mit den Vertretern der autonomen Kurdenregion einzusetzen. Als wichtigste Aufgabe bezeichnete der schiitische Politiker aber den Kampf gegen die IS-Extremisten. Weiterhin müsse die Sicherheit aller Flüchtlinge im Land gewährt werden.

Hoffnung nach Maliki

Der 1952 geborene Politiker Abadi tritt die Nachfolge seines Parteikollegen Maliki an. Dieser wurde zum neuen Vize-Präsidenten des Irak ernannt. Maliki war für seinen zunehmend autokratischen Regierungsstil in die Kritik geraten und hatte schließlich zugunsten Abadis auf eine weitere Amtszeit verzichtet. Dem Vormarsch der IS-Miliz Mitte Juni hatte Maliki nichts entgegensetzen können.

Die Jihadisten hatten die zweitgrößte irakische Stadt Mosul erobert und in einem raschen Vorstoß gen Bagdad viele weitere Orte eingenommen. 1,6 Millionen Iraker sind mittlerweile nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR auf der Flucht vor den Extremisten.

Zudem tötete der IS laut UNO-Informationen Hunderte Kinder im Irak. Bis zu 700 Kinder seien seit Jahresbeginn getötet oder verstümmelt worden, darunter auch in standrechtlichen Hinrichtungen, sagte die UNO-Gesandte Leila Zerrougui am Montag.

US-Präsident Barack Obama und sein Außenminister John Kerry gratulierten unterdessen Abadi zur Regierungsbildung. Obama lobte die Bemühungen der Iraker und drängte Abadi in einem Telefongespräch, im Kampf gegen den IS weiterhin eng mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, teilte das Weiße Haus am Montag mit. Zuvor hatte Kerry die Regierungsbildung als einen Eckpfeiler "im Monate und möglicherweise Jahre" dauernden Kampf gegen den IS bezeichnet.

Allianz gegen IS

Kerry reist am Dienstag in den Nahen Osten, um weitere Unterstützer für die internationale Koalition gegen die Jihadistengruppe zu gewinnen. Kerry werde unter anderem nach Jordanien und Saudi-Arabien fliegen, teilte das Außenministerium in Washington am Montag mit. Demnach ließen bisher mehr als 40 Staaten ihre Bereitschaft erkennen, sich auf verschiedene Weise am Kampf gegen die Extremisten zu beteiligen.

Die USA fliegen seit Anfang August Luftangriffe auf IS-Stellungen im Irak. Obama will am Mittwoch in einer Fernsehansprache seine Strategie für den Kampf gegen die Jihadisten darlegen. Dabei sieht er sich Forderungen gegenüber, die Luftangriffe auf Syrien auszuweiten. Den Einsatz von Bodentruppen schloss der Präsident indes aus.

Die Dschihaidstengruppe Islamischer Staat (IS) hat nach UN-Angaben hunderte Kinder im Irak getötet. Bis zu 700 Kinder seien seit Jahresbeginn getötet oder verstümmelt worden, darunter auch in standrechtlichen Hinrichtungen, sagte die für Kinder und bewaffnete Konflikte zuständige UN-Gesandte Leila Zerrougui am Montag vor dem UN-Sicherheitsrat.

Einige Kinder würden auch als Selbstmordattentäter eingesetzt. Jugendliche von kaum 13 Jahren müssten Waffen tragen, strategische Orte bewachen und Zivilisten festnehmen.

Auch mit der irakischen Regierung verbündeten Milizen warf die UN-Gesandte vor, im Kampf gegen den IS Kindersoldaten zu rekrutieren. Die irakische Regierung habe zudem zahlreiche Kinder festgenommen, von denen unklar sei, wo sie festgehalten würden.

IS hat US-Waffen

Aus einem am Montag in London vorgelegten Bericht geht hervor, dass die IS-Kämpfer über US-Waffen verfügen, die ursprünglich an die irakische Armee oder moderate syrische Rebellen im Kampf gegen Syriens Staatschef Bashar al-Assad geliefert wurden. Der Bericht beruft sich auf von kurdischen Kämpfern im Kampf gegen IS sichergestellte Waffen.

Die Waffen wurden demnach bei der Einnahme von verlassenen Posten der irakischen Armee durch den IS erbeutet. Die Jihadisten sollen unter anderem auch Panzerabwehrraketen nutzen, die identisch seien mit Modellen, die Saudi-Arabien an die Freie Syrische Armee geliefert habe.

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