Bye-bye: Britisches Parlament macht den Weg zum Brexit frei

Für Boris Johnson verlief die Sitzung am Freitag ganz nach Wunsch – doch die richtig verhandlungsintensiven Tage kommen noch
Das Unterhaus hat dem Austrittsdeal mit der EU zugestimmt. Die Scheidung steht: Der 31. Jänner wird der letzte Tag Großbritanniens in der EU sein.

Genau 42 Tage noch – dann ist die gemeinsame Geschichte von Großbritannien und der Europäischen Union zu Ende. Das britische Unterhaus hat am Freitagnachmittag den Weg für den Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU per Ende Jänner frei gemacht. Mit einer großen Mehrheit von 358 Stimmen (gegenüber 234 Gegnern) votierten die Abgeordneten für die Annahme des EU-Austrittsabkommens.

Damit kann eine  friedliche  Scheidung über die Bühne gehen. Aufatmen können somit 3,5 Millionen EU-Bürger in Großbritannien sowie die Briten in der EU: Ihre Bürgerrechte bleiben auch nach dem 31. Jänner gewahrt. 

Drei Mal zuvor war die Abstimmung im Londoner Unterhaus gescheitert – vor allem, weil die regierenden Tories den Deal ohne ihren kleinen nordirischen Koalitionspartner nicht durchs Parlament gebracht hatten.  Der Wahlsieg von Premier Boris Johnson  löste den Brexit-Knopf: Mit der neuen Mehrheit der  Konservativen war absehbar, dass Johnson dieses Mal den Deal durchs Parlament bringen würde.

Bye-bye: Britisches Parlament macht den Weg zum Brexit frei

Schwierigster Teil kommt erst

Nun muss das EU-Parlament noch zustimmen. Mitte Jänner wird das mehrheitliche Ja der EU-Abgeordneten zum Austrittsabkommen in Straßburg erwartet. Die letzten Schritte zum Brexit sind dann gesetzt, 46 Jahre britische EU-Mitgliedschaft  wären  ab Februar Geschichte.

Doch der schwierigste Teil kommt erst noch: Sofort nach dem Brexit beginnen  in Brüssel die schwierigen Verhandlungen über die künftigen Beziehungen. Wobei Premier Johnson schon wieder auf Hochrisiko setzt: Er will gesetzlich verankern, dass die bis Ende 2020 laufenden Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen EU und Großbritannien nicht verlängert werden dürfen. Die EU  ist großzügiger: In Brüssel würde man auch bis Ende 2022 verhandeln,  falls es nötig wäre.

Dabei geht es nicht nur um ein Handelsabkommen – rund 50 Prozent der britischen Exporte gehen in die EU. Auch Finanzgeschäfte, Dienstleistungen, Fischereirechte bis hin zur Kooperation im Sicherheitsbereich und Vieles mehr gilt es zu regeln. „Eine, tiefe, spezielle Partnerschaft“ strebe er an, sagte Johnson gestern vor der Abstimmung.

Auch wenn Großbritannien nun per Ende Jänner die EU verlässt, ändert sich zunächst nichts. Bis Ende 2020 bleibt das Vereinigte Königreich im Binnenmarkt und in der Zollunion der EU.

Zu wenig Zeit

Verhandler in Brüssel bezweifeln allerdings, dass während dieser knappen Zeitspanne ein vertragsfertiges Freihandelsabkommen auszuloten ist. Schon tauchen deshalb Gerüchte über eine mögliche Stufenlösung auf: So könnte bis Ende 2020 zunächst ein einfaches Rahmen-Abkommen für Zollfreiheit im Warenhandel geschlossen werden. Details könnten sich später aushandeln lassen, wenn Großbritannien auch den EU-Binnenmarkt und die Zollunion verlassen habe.

Der Chef der oppositionellen Labour Party, Jeremy Corbyn, bezeichnete Johnsons mit Brüssel nachverhandelten Deal deshalb auch als "schrecklich" und schädlich für das Land. Er befürchtet einen negativen Einfluss auf die Arbeitnehmerrechte und auch problematische Folgen für Nordirland. Der Brexit werde großen Einfluss auf die Wirtschaft und Gesellschaft des britischen Landesteils haben, warnte Corbyn. Seine Partei hat dementsprechend auch dagegen gestimmt.

Die Debatte wird also noch andauern, so oder so. Bis dahin zur Erinnerung ein "Order!"-Remix des ikonischen Ex-Sprechers des Unterhauses, John Bercow:

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