Der "Biden-Blitzkrieg" gegen Reagan, Trump und das Virus
Der US-Präsident hat seine ersten Schritte im Eiltempo zurückgelegt. Doch der Widerstand formiert sich – auch unter Verbündeten
11.03.21, 20:40
Jetzt muss es schnell gehen. Nein, nicht die politische Entscheidung, die ist schon gefallen, sondern der Werbefeldzug für diese Entscheidung. 1,9 Billionen Dollar umfasst das Hilfspaket, das der Kongress soeben verabschiedet hat, und das Joe Biden am Freitag unterschreibt.
"Wo wir bald sein können"
Schon zuvor, am Donnerstag, sollte der Präsident seine erste TV-Ansprache im Hauptabendprogramm halten. Es gehe darum, „wo wir waren, wo wir sind – und wo wir bald sein können“, fasst ein Biden-Berater gegenüber der Washington Post die Botschaft zusammen.
Und diese Botschaft will Biden gemeinsam mit Vizepräsidentin Kamala Harris in den kommenden Tagen durchs Land tragen. Beide haben Dutzende Termine geplant, öffentliche Auftritte, Gespräche mit Politikern, Meinungsmachern. Den „Biden-Blitz“ (steht für Blitzkrieg, Anm.) nennt es das Magazin Politico.
Der altgediente Politik-Profi Biden weiß, dass er dieses Hilfspaket nur jetzt seinen Landsleuten verkaufen kann. Dann kommen die Gegner in die Gänge, werden das Hilfspaket als Geldverschwendung und Schuldenmacherei brandmarken.
Auch Republikaner dafür
Aktuelle Umfragen zeigen, dass auch Wähler der Republikaner momentan mehrheitlich dafür sind. Die Corona-Krise hat die sonst so wenig staatsgläubigen Amerikaner davon überzeugt, dass nur entschlossenes politisches Handeln das Land wieder aufrichten kann.
Eine „stille Revolution“
Tatsächlich ist das Hilfspaket nicht nur größer als alles, was die Vorgänger Trump und Obama zur Krisenbekämpfung locker machten, es zielt auch klar auf eine lange vernachlässigte Gruppe der Bevölkerung: Arme, oder von Armut bedrohte Amerikaner. Es enthält nicht nur großzügige Einmalzahlungen von 1.400 Dollar pro Kopf bis zu einer Einkommensgrenze, die auch den Mittelstand umfasst, sondern auch Direktzahlungen wie Kindergeld von 300 Dollar, auch für jene, die weder Job noch Einkommen haben. Sozialprogramme, die einst, in den 1980ern der Republikaner Ronald Reagan abgewrackt hatte, würden so wieder zum Leben erweckt, urteilen Kommentatoren und sprechen von „Bidens stiller Revolution.“
Wut der Republikaner wächst
Der eigentlich als vorsichtiger Pragmatiker bekannte 78-Jährige hat in den ersten 50 Tagen seiner Präsidentschaft Mut bewiesen, die viele beeindruckt und seine Gegner entsprechend in Rage bringt.
„Flüchtlingskrise“
Eine „Flüchtlingskrise“ sei an der US-Südgrenze ausgebrochen, hämmert der konservative TV-Sender foxnews derzeit seine wichtigste Botschaft. Denn Biden hat nicht nur klar gemacht, dass er die US-Einwanderungspolitik liberalisieren will, er hat auch schon die ersten konkreten Schritte gesetzt. Minderjährige, illegale Einwanderer, die von Trump alleine in Lager an der Grenze gesteckt wurden, sind wieder bei ihren Eltern. An der Grenze werden Einwanderer jetzt nicht mehr postwendend nach Mexiko zurückgeschickt.
Das alles hat die Zahlen an Illegalen, die es aus Mexiko über den Rio Grande schaffen wollen, in die Höhe schnellen lassen. Der Druck auf Biden wächst, wie auch die Wut der Republikaner, die Trumps Grenze-dicht-Strategie in Gefahr sehen.
Nicht die einzige von Trumps politischen Grundhaltungen, die Biden schon jetzt auf den Kopf gestellt hat. Mit der Rückkehr zum Pariser Klimaabkommen hat der Neue signalisiert, dass er auf Klimaschutz und nicht auf Kohlebergbau setzt.
"Wer soll das bezahlen?"
Erneuerbare Energien stehen auch im Brennpunkt des nächsten billionenschweren Projekts, an dem der Präsident bereits bastelt: Die Erneuerung der kaputten US-Infrastruktur. Geld scheint auch dabei keine Rolle zu spielen – und das stößt allmählich auch den ersten politischen Verbündeten sauer auf, wie ein Senator gegenüber Politico deutlich macht: „Irgendwann werden wir das alles auch bezahlen müssen.“
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