De Maizière von Drohnen verfolgt

epa02834616 An unmanned aerial vehicle (UAV), Euro Hawk, come into land after a non-stop-flight from California at the German Air Force Manching air base in Manching, Germany, 21 July 2011. Reports state that the Northrop Grumman RQ-4 Global Hawk derivative, Euro Hawk, will be placed into an extensive period of evaluation with the German militaryís WTD-61 test organisation. The high-altitude, long-endurance type is due to replace the German air forceís retired Dassault/Breguet Altantic surveillance aircraft from around the middle of this decade. EPA/ARMIN WEIGEL
Der populäre Verteidigungsminister lässt sich die verunglückte Beschaffung nicht anhängen.

Sie sollten die Zukunft der deutschen Luftverteidigung einläuten: Eine auf deutsche Verhältnisse umgebaute US-Drohne, das größte unbemannte Flugzeug der Welt. Daraus wird aber nichts: Diese Woche beschloss die Bundesregierung wegen unbehebbarer Mängel deren Abbestellung. Die Gründe dafür erklärte Verteidigungsminister Thomas De Maizière am Donnerstag im Bundestag – und den Schaden von mehreren Hundert Millionen Euro für den Steuerzahler.

Die Opposition versuchte daraus dem beliebtesten Politiker nach Kanzlerin Merkel das erste größere Versagen nachzuweisen. Es könnte ihren lahmen Wahlkampfstart etwas befeuern. Doch der Minister schlägt zurück: Er will nun den Drohnen-Kauf genau dokumentieren.

Denn den hatte die damalige rot-grüne Regierung beschlossen – mit Billigung aller Parteien mit Ausnahme der „Linken“. 2001 machte sie die Verträge zum Kauf von fünf Stück des unbewaffneten und unbemannten Aufklärungsflugzeugs von der US-Rüstungsfirma Northrop Grumman. Die fünfzehn Meter langen Objekte mit dem Aussehen eines fliegenden Wals sollten in über 15.000 Metern Höhe ein unvergleichlich genaues Bild der Vorgänge auf dem Boden liefern, vor allem zum Funkverkehr und zu Signalortungen.

Pilotprojekt

Dazu sollte das von der US-Luftwaffe inzwischen auch bewaffnet eingesetzte Modell länger in der Luft bleiben können als jedes andere Flugzeug. Vereinbart war auch der Umbau auf europäische Bedürfnisse zum „Euro Hawk“ durch deutsche Rüstungsfirmen. Und da türmten sich die Probleme.

Laut den Aussagen des für die Beschaffung zuständigen Staatssekretärs im eigentlich geheimen Verteidigungsausschuss des Bundestags am Mittwoch funktionierte weder die Steuerung der US-Exportvariante ausreichend zuverlässig, noch ließ sie sich mit dem in Europa vorgeschriebenen Flugkollisionswarnsystem vereinbaren. Vor allem aber gaben die Amerikaner entscheidende Details der Baupläne nicht frei, die für die Zulassung in Deutschland und anschließend in anderen europäischen Streitkräften Bedingung sind. Nach Jahren der Entwicklung der deutschen Bauteile stoppte die Regierung daher die Beschaffung, vier andere US-Drohnen sind davon nicht betroffen.

Hatte der Obmann der SPD-Fraktion im intimen Verteidigungsausschuss noch Verständnis dafür signalisiert, indem er sagte: „Wir alle wollten diesen Vogel“, gab es am Tag danach im öffentlichen Bundestag heftige Angriffe. Nun warfen SPD, Grüne und Linke De Maizière vor, das Projekt viel zu spät gestoppt zu haben. Schon seit 2012 prüfe es der Rechnungshof, die Schwierigkeiten seien früher erkennbar gewesen, sie kosteten nun 688 Millionen Euro Steuergeld.

Wahlkampfgetöse

Es waren die ersten schweren Angriffe der Opposition auf Merkels beliebtesten Minister, der ihren Kabinetten seit dem Beginn ihrer Regierung 2005 angehört: Anfangs als Kanzleramtsminister, danach als Innenminister und seit 2011 als Nachfolger des wegen seiner Plagiatsaffäre zurückgetretenen Verteidigungsministers Karl Theodor zu Guttenberg, dessen Abschaffung der Wehrpflicht er bisher weitgehend problemlos umsetzt. In all den Jahren galt De Maizière als der loyalste und verlässlichste Minister Merkels. Inzwischen wird er in Berlin als ihr Nachfolger bei einem eventuellen Ausfall gehandelt.

Dass De Maizière nicht nur der bisher weithin anerkannt gute Administrator sondern auch ein durchaus politischer Taktiker ist, will er nun beweisen: In seiner von den Wählern geschätzten ruhigen Art wies er die Angriffe der Opposition zurück: Rot-Grün trüge die Hauptverantwortung für die Verträge. Wenn bei Rüstungsvorhaben etwas schieflaufe, versuche diese Regierung sie „zuerst zu reparieren, und erst wenn sie aus dem Ruder laufen, ziehen wir die Reißleine“. Der Schaden sei überdies viel geringer als von der Opposition behauptet: 250 Millionen Euro Entwicklungskosten kämen anderen Projekten zugute.

Die ist nun etwas kleinlauter, freut sich aber über ihr Medienecho im Bundestag.

Deutschlands Waffen sind in aller Welt wegen ihrer hohen Qualität und Top-Technologie begehrt. Damit ist es über die letzten Jahre konstant der drittgrößte Waffenexporteur nach Russland und den USA.

Als Topprodukte gelten Panzer und gepanzerte Fahrzeuge, der mit vier anderen europäischen Ländern hergestellte Eurofighter und die modernsten, weil lautlosesten Nicht-Atom-U-Boote der Welt. 42 Prozent der Rüstungsexporte gingen laut dem letzten Bericht der Bundesregierung 2011 in Nicht-Nato-Staaten. Den größten Anteil an den Empfängern bei den Nicht-Verbündeten haben die zahlungskräftigen arabischen Golfstaaten.

Die Exporte dahin kritisiert die Opposition regelmäßig, weil dort deutsche Produkte potenziell die Unterdrückung der Bevölkerung durch die Regimes ermöglichten. Letztes Beispiel sei der Einsatz deutscher Radpanzer in Bahrain 2011 bei blutigen Demonstrationen gewesen. Die Regierung Merkel müsse die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung von Rüstungsexporten in Drittländer transparenter machen und nicht im Geheimen treffen, fordern SPD, Grüne und Linke.

Dass die Rüstungsexporte in den sieben Regierungsjahren von Rot-Grün auch so gehandhabt wurden und wesentlich höher waren als heute, verschweigt die Opposition. Damals hielt sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) trotz des Jammerns des grünen Koalitionspartners auch die Sicherung der 150.000 Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie zugute.

Kommentare