Das „klitzekleine Handschlag-Abkommen“ mit China
Bedroht von akuten Amtsenthebungsplänen der Demokraten wegen der Ukraine-Affäre und Vorboten eines wirtschaftlichen Abschwungs hat US-Präsident Donald Trump gut ein Jahr vor der nächsten Wahl einen wichtigen Teil-Erfolg bei der Beilegung des Handelskriegs mit China verkündet. Doch das sind wieder einmal nur große Worte.
Die Details sind spärlich. Nichts ist bislang schriftlich fixiert. Und viele Probleme sind auf spätere Verhandlungsrunden vertagt. Nicht einmal die US-Bauern, denen durch die wechselseitigen Strafzölle der existenziell wichtige Sojabohnen-Markt in China weggebrochen ist, haben Grund zur Freude. Denn die chinesische Zusage, kurzfristig verstärkt landwirtschaftliche US-Produkte zu kaufen, ist kein Erfolg.
Der durch Trumps Zollpolitik und Pekings Antworten entstandene Schaden wird dadurch nur ausgeglichen, um wachsende Marktanteile handelt es sich dabei nicht.
Viele Beobachter bezeichnen daher die Vereinbarung nicht zu Unrecht als „Mini-Deal“. Mit diesem habe es Trump allenfalls geschafft, halbwegs aus dem Loch zu krabbeln, dass er selbst gegraben hat, schreibt etwa das US-Magazin Foreign Policy. Im US-Kongress und in Wirtschaftskreisen sind die Reaktionen ebenfalls verhalten.
Von einer echten Neuaufstellung in den Beziehungen der Großmächte könne keine Rede sein, sagen Analysten. Sie mokieren sich darüber, dass Trump, der Peking regelmäßig der Ausbeutung Amerikas bezichtigt, das Verhältnis beider Länder plötzlich als Liebesfest feiere.
Keine Sicherheit
Trump wollte das Handelsdefizit mit China abbauen. Tatsächlich ist es 2018 um mehr als 20 Prozent auf 420 Milliarden Dollar gestiegen. In Wirtschaftskreisen spricht man von einem „klitzekleinen Handschlag-Abkommen“. Für Unternehmen bedeutet dies weniger Schaden, aber nicht mehr Sicherheit. Auch wenn es ein Schritt in die richtige Richtung ist, besteht die Unsicherheit fort.
Denn nach den zahlreichen Kapriolen des US-Präsidenten bleibt abzuwarten, was diese Teileinigung wert ist und wie lange der Deal überhaupt hält. Denn ursprünglich wollte Trump einen großen Deal – und keine kleinen Schritte. Nun sind es kleine Schritte geworden, die er wohl bald wieder als großen Deal verkaufen wird.
Ein wirkliches Vorankommen bei den großen Konfliktthemen des Zollstreits wäre jedoch nicht nur wichtig für die USA und China, sondern auch den Rest der Welt.
Das aktuelle Tauwetter zwischen USA und China könnte für Europa allerdings das Aufziehen einer Schlechtwetterfront bedeuten. Trump, der nicht dafür bekannt ist, einzelnen Themen lange Aufmerksamkeit zu schenken, könnte von dem langwierigen und bisher für wenig lukrativen Zollstreit bald gelangweilt sein und sich nach neuen Reibungsflächen umsehen.
Und das könnte Europa sein. Statt der Asiaten würde dann in Zukunft der alte Kontinent die volle Wucht der Trumpschen Unberechenbarkeit und Daumenschraubenpolitik in Zollfragen zu spüren bekommen. Zwar hätte Europa zahlreiche Mittel, um darauf zu reagieren, für die Wirtschaftsentwicklung wäre das aber nicht förderlich.
Die Reaktionen aus Peking auf das Abkommen sind ebenfalls eher zurückhaltend. Dort spricht man von substanziellen Fortschritten in den seit Monaten erfolglos verlaufenden Verhandlungen, die für eine Eintrübung der Weltwirtschaft gesorgt haben. „Die Abschaffung eines Teils der Zölle bedeutet eher eine Minderung der Spannungen als ein Ende des Handelskrieges“, schrieb Chinas parteinahe Zeitung Global Times. Dirk hautkappThomas Pressberger
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