Dänemarks Sozialdemokraten: Mit Rechtskurs Richtung Wahlsieg

Befürworter einer strengen Integrationspolitik
Beim Urnengang am Mittwoch dürfte die Partei die rechtsliberale Regierung klar überholen. Deren ausländerfeindlichen Kurs setzt sie fort.

Glücklich lacht die Frau in die Kamera, in ihren Händen eine Torte. Inger Stojberg von der rechtsliberalen Venstre-Partei feiert auf dem Facebook-Foto von 2017 aber nicht ihren 50er, wie das Marzipandekor suggeriert.

Die dänische Ministerin für Integration und Ausländer feiert die 50. Verschärfung der Einwanderergesetze seit Antritt der Regierung 2016.

Mittlerweile ist die Zahl auf 114 angewachsen, was zeigt, wie sehr die Politik im als weltoffen geltenden Dänemark in den vergangenen Jahren nach rechts gerückt ist. Sozialhilfe wurde selbst für Familien massiv gekürzt, Gesichtsschleier wie in Österreich verboten, Männer müssen bei Einbürgerungen weiblichen Beamten die Hand schütteln.

Die Regierung listet jedes Gesetz im Internet auf – Kuchen gab es nach Kritik an Stojbergs Foto aber nicht mehr.

Keine Feierlaune

Zum Feiern ist Premier Lars Lokke Rasmussen und seinem Kabinett ohnehin nicht zumute. Bei den Parlamentswahlen am Mittwoch erwarten seine rechtsliberale Venstre-Partei und die sie stützende populistische Volkspartei eine klare Niederlage.

In Umfragen liegt der linke Parteienblock weit vorne, stimmenstärkste Kraft sind die Sozialdemokraten unter Mette Frederiksen. Die 41-Jährige dürfte jüngste Regierungschefin in der Geschichte des Landes werden. Sozialdemokraten aus anderen europäischen Ländern blicken neidvoll auf diesen möglichen Erfolg.

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Rasmussen mit vermutlicher Nachfolgerin Frederiksen

"Auffangcenter" und "Ghetto-Plan"

Zu verdanken ist dieser aber nicht klassischer „roter“ Politik, sondern zu großen Teilen der Übernahme „rechter“ Positionen – Frederiksens 28-seitiges Strategiepapier ist voll davon. So

sollen Asylanträge nur noch in „Auffangcentern außerhalb Europas“ gestellt und dauerhafte Kontrollen an dänischen Grenzen eingeführt werden. Ein „Marshall-Plan“ für Afrika soll verhindern, dass sich Migranten auf den Weg machen.

Selbst am harten „Ghetto-Plan“ der jetzigen Regierung will Frederiksen festhalten. Dieser sieht vor, Gegenden mit mehr als 30 Prozent „nicht-westlichen“ Zuwanderern durch Abrisse von Wohnhäusern oder Verkauf von Sozialwohnungen an Private besser zu durchmischen. „Dänemark muss die Kontrolle zurückerobern“, sagt Frederiksen.

"Alle Muslime ausweisen"

Die ausländer- und EU-skeptische Volkspartei, die Premier Rasmussen im Parlament stützt, zahlt die Rechnung. Sie war 2015 mit 21 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft geworden. Diesmal erwartet sie nur die Hälfte.

„Es gibt aber zwei neue rechte Parteien, die deutlich radikaler sind“, gibt der dänische Polit-Kommentator Jens Ringberg zu bedenken, der diese Woche für das „Forum für Journalismus und Medien“ ein Seminar im Haus der Europäischen Union in Wien hielt.

Ringberg nennt die auf Social Media umtriebige „Neue Rechte“ und den „Stram Kurs“ des umstrittenen Anwalts Rasmus Paludan. Dieser könnte die Zwei-Prozent-Hürde meistern und mit fünf bis sechs Mandaten ins Parlament einziehen.

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Experte Ringberg

Paludan ist in den vergangenen Jahren unter dem Radar der traditionellen Parteien auf YouTube groß geworden, wo er Videos von Koranverbrennungen in Migrantenvierteln und krude Ideen veröffentlicht.

Er will den Islam verbieten und nur „wertvollen Ausländern“ erlauben, im Land zu bleiben. Sogar adoptierte Dänen, die nicht bereits als Kleinkinder ins Land gekommen sind, sollen gehen müssen.

„Manche haben nur darauf gewartet, dass einer kommt, der so etwas sagt“, versucht Ringberg die Motive der Paludan-Fans zu erklären. „Die Parteien wollen mit ihm nicht einmal diskutieren.“

„Dringendere Themen“

Auch wenn die Debatte über Einwanderung den Wahlkampf bestimmt, sehen viele Dänen dringendere Probleme, vor allem die Entwicklung des teuren Sozialsystems, wie der 38-jährige IT-Unternehmer Anders Andersen dem KURIER sagt.

Wobei diese Frage wie überall auf der Welt mit Migration verknüpft sei. „Die Migration wird aber weniger wichtig“, kam doch die Einwanderung – abgesehen von Familiennachzug – laut Polit-Experten Ringberg nahezu zum Erliegen.

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