Boris Johnson verlässt Intensivstation: "Engmaschig überwacht"

Boris Johnson verlässt Intensivstation: "Engmaschig überwacht"
Der britische Premier muss keine dritte Nacht auf der Intensivstation verbringen. Die Krise im Land aber geht ungebremst weiter.

Eine dritte Nacht auf der Intensivstation ist ihm also erspart geblieben. Boris Johnson ist nach seiner schweren  gesundheitlichen Krise auf dem Weg der Besserung. Wie die Downing Street Donnerstag Abend offiziell mitteilte, hat der britische Premier die Intensivstation verlassen und ist zurück auf der Normalstation des St. Thomas Hospital in London. Er werde aber weiterhin "engmaschig überwacht". Schon am Tag zuvor war der an Covid-19 schwer erkrankte Regierungschef in merklich besserem gesundheitlichen Zustand. Wie britische Medien Mittwoch Abend berichten, ist der Premierminister zwar weiterhin auf der Intensivstation, sitzt aber aufrecht im Bett und plaudert mit Ärzten und Krankenschwestern.

Kein Kontakt mit Johnson

Von den Regierungsgeschäften ist Johnson ja derzeit - trotz der akuten Krise - ohnehin befreit. Seine derzeitige Vertretung, Außenminister Dominic Raab, erzählte der britischen Presse, dass er schon seit Samstag nicht mehr mit Johnson gesprochen habe. Dieser solle sich ganz auf seine Gesundung konzentrieren können. Der Höhepunkt der Pandemie ist in Großbritannien nach Ansicht von Experten noch nicht erreicht. Bis Mittwochabend wurden der Regierung zufolge 881 neue Todesfälle verzeichnet. Insgesamt stieg die Zahl der Toten damit auf knapp 8000. Nicht eingerechnet sind dabei bislang die Sterbefälle in Pflegeheimen. Die Zahl der positiv getesteten Personen in Großbritannien stieg auf 65 077.

 

Bei Krisensitzung angesteckt

Inzwischen aber wird immer deutlicher, wo sich der Premier, wo sich aber auch andere Mitglieder seiner Regierung wie Gesundheitsminister Matt Hancock, oder Johnsons Chefberater Dominic Cummings angesteckt haben könnten. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie in Großbritannien hält die Regierung täglich Krisensitzungen in Downing Street ab. Diese sogenannten "Cobra-Meetings" (nach Cabinett-Office-Room) sind mit sämtlichen Spitzen der Regierung und ihren Experten für die Krise besetzt.

Chef-Epidemiologe als Virenquelle

Einer davon, der Epidemiologe und Mathematiker Neil Ferguson, hatte sich schon am 18. März in der Öffentlichkeit als Corona-infiziert gemeldet. Danach zog er sich in Quarantäne zurück. Doch bei den Sitzungen in den Tagen zuvor könnte er zahlreiche Spitzenpolitiker angesteckt haben, spekulieren britische Medien, ausgerechnet also zu dem Zeitpunkt, als die britische Regierung beschloss, endlich strikte Ausgangsbeschränkungen zu verhängen. Zuvor hatte Johnson ja auf die unkontrollierte Ausbreitung der Krankheit und die sogenannte "Herdenimmunität" gesetzt.

"Gut gelaunt"

Seit Mittwoch Morgen aber kommen von Johnson gute Nachrichten aus dem Londoner St. Thomas-Krankenhaus. Der Zustand des britischen Premierministers ist nach Regierungsangaben weiterhin stabil. „Er fühlt sich wohl und ist gut gelaunt“, berichtete Gesundheits-Staatssekretär Edward Argar am Mittwoch dem Fernsehsender ITV. Der Regierungschef müsse nach wie vor nicht an das Beatmungsgerät angeschlossen werden. Der 55-Jährige liegt seit Montag wegen seiner Coronavirus-Infektion auf der Intensivstation.

Nach einem Bericht der Times ist auch Johnsons hohes Fieber zurückgegangen. Er wird im Krankenhaus von Richard Leach behandelt, der als führender Lungenfacharzt Großbritanniens gilt, wie der Telegraph berichtete. Eine Regierungssprecherin wollte die Berichte auf Anfrage der dpa nicht kommentieren.

Zweifel an Handlungsfähigkeit der Regierung

Der Premier war am Montag im St. Thomas' Hospital wegen seiner anhaltenden Corona-Beschwerden untersucht worden, als sich plötzlich sein Zustand deutlich verschlechterte. Johnson hatte am 27. März mitgeteilt, dass er sich mit dem neuartigen Virus angesteckt hat.

Zunächst arbeitete er in Isolation in der Downing Street weiter, wirkte aber in seinen Videobotschaften angeschlagen. Inzwischen hat Außenminister Dominic Raab auf Wunsch von Johnson die Regierungsgeschäfte übernommen. Raab gilt als ehrgeiziger, erfahrener Politiker, gleichwohl kommen in Großbritannien zunehmend Fragen auf, wie handlungsfähig derzeit die britische Regierung überhaupt sei.

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