Corona-Krise: Juncker kritisiert "Sparsame Vier"

Corona-Krise: Juncker kritisiert "Sparsame Vier"
Der Ex-EU-Kommissionspräsident kann die Position Österreichs, Schwedens, der Niederlande und Dänemarks in Sachen Schuldenpolitik nicht verstehen.

Ex-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker fordert eine rasche Einigung auf die EU-Finanzen und kritisierte dabei die "sparsamen Vier". Er habe Verständnis dafür, dass die Länder einen pfleglichen Umgang mit Steuergeldern pflegten. "Aber dass man sich da nicht aus den Schützengräben heraus und sich aufeinander zubewegt - ohne zu schießen -, dafür fehlt mir das Verständnis", sagte Juncker der Wiener Zeitung (Samstag-Ausgabe).

"Im Interesse Österreichs"

Zur Haltung Österreichs, Schwedens, der Niederlande und Dänemarks sagte er weiter: "Ich nehme das ernst, was Österreich und die anderen sagen, aber ich wehre mich gegen den Eindruck, den die vier vermitteln, als ob es in den letzten Jahren zu keinerlei Haushaltskonsolidierungen gekommen wäre." Auch dem Argument, dass es zu keiner Vergemeinschaftung von Altschulden kommen dürfe, kann Juncker wenig abgewinnen. "Es geht nicht darum, dass die Menschen in Österreich, die ich sehr mag, in Haftung genommen werden für Fehler der Vergangenheit. Es geht darum, dass kein Land der Union völlig abgleitet. Es ist im Interesse Österreichs, dass Italien mit der besonderen Last der Pandemie zurande kommt." Die Nettozahler sollten sich außerdem fragen, "wenn das Mutterland der Rabatte, Großbritannien, aus der Union ausscheidet, warum sie dann unbedingt an Rabatten festhalten wollen".

Wenn eine Einigung auf das Mehrjahresbudget "nicht schnellstens" gelinge, "dann entsteht eine Lage, die vielen Regierungschefs unbekannt ist: Ab Jänner 2021 werden die Programme nicht starten können. Es werden weniger Studenten am Erasmus-Programm teilnehmen können, tausende Forscher verlieren ihren Job - dabei käme es in der Pandemiekrise gerade auf die Forschung an", warnte Juncker.

"Jeder kocht sein eigens Corona-Süppchen"

In der Coronakrise forderte er eine europäische Reaktion, stattdessen dass "jedes Land sein eigenes Corona-Süppchen kocht". Jucker: "Wenn es grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen gibt, dann müssen die Staaten und die Kommission koordiniert handeln." Bei den Grenzschließungen habe "man gemerkt, dass die Abwesenheit der EU zu einem Wirrwarr führt". Wenn etwa "ausgerechnet am 25. Jahrestag des Schengen-Abkommens die deutsche Bundespolizei an den Grenzen zu Luxemburg mit Maschinengewehren auf den Moselbrücken steht, hat das doch das Zutrauen zur EU in diesen Regionen sehr erschüttert. Die Menschen waren wütend und traurig. Offene Grenzen schließt man nicht einfach so. Das Virus lässt sich durch Polizei nicht stoppen."

Juncker erklärte außerdem, seinen Sommerurlaub heuer wieder in Tirol verbringen zu wollen. "Ich bin im August wieder dort, ich will diese Wochen beim Stanglwirt in Going nicht missen. Ich fühle mich da pudelwohl, habe auch sehr viele freundschaftliche Kontakte in Tirol. Da lande ich immer wieder glückseligst."

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