Corona-Ampel der EU: "Von Realität schon überholt"
Es ist nur eine Empfehlung, die die EU-Außen- und Europaminister heute in Luxemburg beschlossen haben – weil Corona-Maßnahmen ja in der Kompetenz der Nationalstaaten liegen. Aber weil diese Maßnahmen und die ihnen zugrundegelegten Kriterien so unterschiedlich sind, will bzw. wollte die EU eine einheitliche Corona-Ampel über ganz Europa leuchten lassen . Also eine, die das Risiko einzelner Regionen einheitlich bewertet und etwa Reisewarnungen danach ausrichtet.
Österreich, das in den Berechnungen der neuen Ampel bis auf Kärnten, Burgenland und Steiermark rot wäre, enthält sich, so wie schon beim Beschluss der EU-Botschafter am Freitag (21 Pro-Stimmen), der Stimme. Sie sei „klar für eine bessere Koordinierung innerhalb Europas“, sagte Ministerin Karoline Edtstadler dem KURIER, allerdings stamme der Vorschlag vom September und sei von der Realität bereits überholt, sprich: die Schwellenwerte würden schon weitgehend übertroffen. „Wenn alle Staaten rot wären, ist keine differenzierte Einschätzung mehr möglich. Außerdem benachteiligt das System Staaten, die treffsicherer und mehr testen, und wo das Contact Tracing gut funktioniert.“ Auch eine Einigung bei der Quarantäne-Dauer sei notwendig.
Bei der Corona-Ampel handelt es sich um eine von der Europäischen Gesundheitsagentur ECDC erstellte Landkarte, die sich auf drei Datensätze stützen soll, welche von den EU-Länder einzumelden sind: Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner der letzten 14 Tage kumulativ, die Rate der positiven Tests sowie die Testrate.
Bei „grün“ müssen die Neuinfektionen unter einem Wert von 25 liegen, die positiven Tests unter vier Prozent. Hier sollten keine Restriktionen der Mitgliedstaaten gelten. Bei „orange“ müssen die Neuinfektionen unter 50 und die Rate positiver Tests unter vier Prozent liegen. Wenn die Notifikationen zwischen 25 und 150 liegen, muss die Rate positiver Test unter vier Prozent liegen, damit eine Region noch „orange“ eingestuft wird. Auf „rot“ schaltet die Ampel, wenn die Neuinfektionen höher als 50 bzw. die Rate der positiven Tests vier Prozent oder höher liegen, oder wenn die Neuinfektionsrate mehr als 150 beträgt.
Englische Ampel
In London enthüllte Premier Johnson ein eigenes Warnsystem – in Großbritannien werden aktuell mehr Patienten mit dem Coronavirus im Krankenhaus behandelt als Ende März. In der englischen Version der Corona-Ampel (Schottland plant eine ähnliche) sollen Regionen einer von drei Risikostufen zugeteilt werden. Auf der untersten gelten die landesweiten Restriktionen, wie Maskenpflicht in Läden und Öffis, die 22-Uhr-Sperrstunde für die Gastronomie sowie die Sechser-Regel. Diese erlaubt Treffen nur mit maximal fünf anderen Personen.
Stufe 2 soll für Gegenden ab 100 Infektionsfällen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche gelten, was laut Berichten Teile von oder sogar ganz London treffen würde. Hier dürften Treffen mit Leuten aus anderen Haushalten nur mehr im Freien erlaubt werden. Die Abgeordneten müssen dem Plan noch zustimmen.
Stufe 3 soll weitere Restriktionen für die am stärksten betroffenen Landesteile oder solche mit besonders schnell steigenden Infektionsraten bringen, etwa Nottingham (das die Liste der Neuinfektionen mit 830 pro 100.000 Leuten in einer Woche anführt). Hier ist die Schließung von Fitnessstudios, Casinos sowie Pubs und Bars vorgesehen.
Tschechien greift unterdessen im Kampf gegen das Coronavirus zu neuen harten Maßnahmen. Ab Mittwoch sind Versammlungen von mehr als sechs Menschen verboten, wie die Regierung Montagabend bekannt gab. Restaurants, Bars und Klubs müssen schließen, Schulen bis Anfang November Fernunterricht abhalten.
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