COP26: Tausende Menschen bei Klimademos rund um den Globus

COP26: Tausende Menschen bei Klimademos rund um den Globus
Bei Protestmärsche auf der ganzen Welt forderten Menschen Taten statt Worte beim Klimaschutz und übten Kritik an der Klimakonferenz in Glasgow.

Tausende Menschen in aller Welt haben ihrer Forderung nach mehr Klimaschutz mit großen Protestaktionen Nachdruck verliehen. Im Zuge eines globalen Aktionstages zogen am Samstag allein Zehntausende Demonstranten durch das schottische Glasgow, wo seit einer Woche die Weltklimakonferenz COP26 stattfindet. Ausgestattet mit Flaggen und Schildern mit Klimabotschaften forderten die Protestteilnehmer zur Halbzeit der Konferenz mehr Klimagerechtigkeit für Menschen in ärmeren Regionen.

Während der Himmel am Nachmittag etwas aufklarte, sprachen die Organisatoren der "COP26 Coalition" von mehr als 100.000 Teilnehmern bei dem Protestmarsch in der schottischen Großstadt. Die Polizei teilte zunächst keine Schätzung zur Teilnehmerzahl mit. Auch anderswo in der Welt kamen Tausende Menschen für Klimademos zusammen, unter anderem in Amsterdam und vielen britischen Städten.

COP26: Tausende Menschen bei Klimademos rund um den Globus

Proteste in London

Mehr als 300 Aktionen rund um den Globus

"Systemwandel, nicht Klimawandel!", stand auf einem großen Banner an der Spitze eines Protestmarsches in London. Ähnliche Botschaften fanden sich auch anderswo. Überall riefen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zudem einen der bekanntesten Slogans der Klimabewegung: "Was wollen wir? Klimagerechtigkeit! Wann wollen wir sie? Jetzt!" Mehr als 300 Aktionen waren nach Angaben der Veranstalter für den Samstag rund um den Globus geplant gewesen.

In Amsterdam demonstrierten Tausende für mehr Klimaschutz. "Rettet die Umwelt, rettet die Erde" oder "Rettet unsere Zukunft" stand auf den Transparenten der vielfach jungen Teilnehmer des Demonstrationszugs am Samstag durch die niederländische Hauptstadt. Die Organisatoren sprachen von geschätzt 40 000 Teilnehmern, die Polizei und die Stadt machten dazu zunächst keine Angaben, wie der öffentlich-rechtliche Sender NOS berichtete. Auf die Frage, was ihr am meisten Sorge mache, sagte eine Jugendliche: "Einfach, dass die Niederlande vollkommen überflutet werden, und dass die Welt vollkommen kaputt geht."

"Klimaschutz – nicht nur für die Leute mit dem meisten Geld in der Tasche"

"Die Ära der Ungerechtigkeit ist vorbei", schrieb die "COP26 Coalition", die ein Netzwerk verschiedener Organisationen und Kampagnen darstellt, auf Twitter. "Wir brauchen Klimaschutz, der für alle von uns funktioniert, nicht nur für die Leute mit dem meisten Geld in der Tasche."

Viele Staaten etwa in Afrika, Asien und Südamerika spüren die Klimakrise bereits heute sehr stark - obwohl diese Länder mit ihren weitaus geringeren Emissionen deutlich weniger zum Klimawandel beigetragen haben als Industriestaaten wie Deutschland und die USA. Die Klimabewegung Fridays for Future fordert deshalb, dass reichere Staaten entscheidend mehr für das Klima tun und zudem genügend Geld bereitstellen, damit ärmere Länder mit den Folgen des Klimawandels fertig werden können.

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Klimademo in Glasgow

Schauspieler Idris Elba fordert mehr Gehör für schwarze Stimmen

Passend dazu rief der britische Schauspieler Idris Elba ("Luther") auf der Klimakonferenz dazu auf, die Stimme schwarzer Menschen in der Klima-Debatte stärker zu berücksichtigen. Politiker und Medien würden riskieren, einen ganzen Kontinent mit "zentraler Bedeutung für die Lösung" der Klimakrise außen vor zu lassen, wenn sie die Stimmen afrikanischer Menschen nicht in die öffentliche Debatte einbezögen, sagte der 49-Jährige in Glasgow auf einer Veranstaltung zur nachhaltigen Lebensmittelproduktion.

Elba ist wie seine Frau Sabrina "Botschafter des guten Willens" für den UN-Hilfsfonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD). Wie er betonte auch die ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate, dass der globale Süden "an vorderster Front der Klimakrise und Versorgungskrise" stehe. Das spiegele sich aber nicht auf den Titelseiten der Zeitungen wider, kritisierte sie.

Nakate hatte den Medien vergangenes Jahr Rassismus vorgeworfen, weil sie aus einem Foto mit anderen prominenten Klimaaktivistinnen wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer herausgeschnitten worden war. Auch Elba bezog sich auf dieses Foto, das 2020 beim Weltwirtschaftsforum in Davos entstanden war: Die Medien würden "nicht nur Vanessa herausschneiden, sondern einen ganzen Kontinent", sagte er.

Bereits am Freitag waren Tausende bei Klimademos

Bei der Klimakonferenz COP26 ringen rund 200 Staaten in Glasgow darum, wie das Ziel noch erreicht werden kann, die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß von maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Geplantes Ende der Konferenz ist der 12. November.

Bereits am Freitag hatten Tausende Menschen bei einer Klimademo in Glasgow mehr Tempo von den Staaten beim Klimaschutz gefordert. Die führende Klimaaktivistin Greta Thunberg aus Schweden hatte in einer Rede vor den Demonstranten erneute Kritik an der Konferenz geäußert. Es handle sich um "ein Greenwashing-Festival des globalen Nordens, eine zweiwöchige Feier des Business as usual und des Blablabla", sagte sie. Auch bei dem Protest am Samstag sollte sie dabei sein.

Luisa Neubauer: "Mehr oder weniger leere Reden"

Thunbergs deutsche Mitstreiterin Luisa Neubauer zog nach einer Woche Klimakonferenz ebenfalls eine vernichtende Zwischenbilanz. "Wie erwartet, dreht sich sehr viel um mehr oder weniger leere Reden", sagte Neubauer der Neuen Osnabrücker Zeitung (Samstag).

Das Abkommen zum Schutz der Regenwälder und einem Ende der Entwaldung bis 2030 symbolisiere eher, was schieflaufe: "Dass man sich auf Abkommen einigt, deren Ziele viel zu weit in der Zukunft liegen, und ohne konkreten Plan, wie sie eingehalten werden." Auch die Übereinkunft zur Methan-Reduzierung ist aus Sicht von Neubauer "nicht radikal genug", um die globalen Klimaziele einzuhalten.

Auch der deutsche geschäftsführende Entwicklungsminister Gerd Müller kritisierte das bisher in Glasgow Erzielte. "Die sich abzeichnenden Beschlüsse reichen nicht aus, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen", sagte Müller dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). "Auch die Unterstützungsangebote für die Entwicklungsländer, selbst wenn sie voll umgesetzt werden, sind absolut unzureichend zur Anpassung an den bereits stattfindenden Klimawandel." Die Entwicklungsländer und der afrikanische Kontinent dürften nicht die Verlierer des Klimawandels sein.

Klimagipfel durch Reisebeschränkungen schwer zugänglich

Die COP26 dürfte dabei trotz aller Hürden wegen der Corona-Krise das größte derartige UN-Treffen jemals sein. Zu diesem Schluss kommen die auf Klimathemen spezialisierten Journalisten von Carbon Brief nach einer Auswertung der vorläufigen Anmeldungen. Offiziell registriert wurden demnach 39.509 Delegierte - fast doppelt so viele wie bei der letzten Klimakonferenz 2019 in Madrid.

Die Klimaschützer kritisieren dagegen seit längerem, dass es sich um den am schwierigsten zugänglichen Klimagipfel jemals handle. Sie versuchen auf den Protesten deshalb, vor allem Aktivistinnen und Aktivisten aus ärmeren Weltregionen in Afrika, Asien und Südamerika zu Wort kommen zu lassen. Durch den unterschiedlichen Zugang zu Corona-Impfstoffen sowie Reisebeschränkungen und Visaregeln war vielen Interessierten eine Reise nach Glasgow unmöglich.

Mehr Geld für Umweltschutz beschlossen

Am Samstag verpflichteten sich auf der COP26 45 Staaten dazu, schnell mehr Geld und Anstrengungen in den Naturschutz zu stecken und ihre Landwirtschaft umweltfreundlich und nachhaltig umzubauen. Dies teilte die britische Regierung mit, die dem Treffen vorsitzt. Sie wies darauf hin, dass etwa ein Viertel der klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen weltweit aus der Agrar- und Forstwirtschaft und anderen Formen der Landnutzung stammen. Daher müsse die Art und Weise, wie wir Nahrung anbauen und konsumieren, dringend reformiert werden - zumal der Bedarf weiter steige. Welche Staaten sich dem Bündnis angeschlossen haben, wurde zunächst nicht mitgeteilt.

Gemeinsames Ziel sei es, etwa vier Milliarden Dollar (3,47 Mrd. Euro) öffentlicher Gelder zusätzlich in die Agrarforschung zu stecken. Dabei geht es der Mitteilung zufolge unter anderem darum, Hunderten Millionen Bauern weltweit Zugang zu widerstandsfähigeren Pflanzensorten zu verschaffen und ausgelaugte Böden wieder zu beleben. Der britische Umweltminister George Eustice sagte: "Wir müssen die Menschen, die Natur und das Klima ins Zentrum unser Nahrungsmittel-Systeme stellen."

Die angekündigte Allianz zur Agrarpolitik ist eine weitere, eher unverbindliche Ankündigung auf der COP26, die auf Freiwilligkeit beruht und kaum mit Details unterfüttert ist. Schon in den vergangenen Tagen hatten Greenpeace und andere Umweltorganisationen mit Blick auf öffentlichkeitswirksam und "blitzartig" verkündete Zusagen Dutzender Staaten zum Kohleausstieg, Waldschutz und der Reduzierung von Methan-Emissionen kritisiert, zu vieles davon sei rein freiwillig und im Kleingedruckten gebe es viele Schlupflöcher.

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