Was die Welt in Glasgow lösen muss

Demonstration by climate activists ahead of the COP26 summit, in Glasgow
Selbst wenn die Staaten ihre Versprechen einhalten, steuert die Welt auf eine katastrophale Erwärmung von plus 2,7 °C zu.

Schaffen wir es, das Weltklima rund um eine Erwärmung von 2 °C im Vergleich zu vorindustriellen Temperaturen zu stabilisieren? Das ist einmal mehr die zentrale Frage der heute beginnenden 26 „COP“, der „Conference of the Parties“, wie die Klimakonferenz der Vereinten Nationen eigentlich heißt.

G-20 einigt sich auf 1,5-Grad-Ziel

Die 20 wirtschaftsstärksten Nationen (G-20) legten bei ihrem Gipfel im Rom am Sonntag ein gleich noch ehrgeizigeres Ziel vor: Sie wollen sich hinter das 1,5-Grad-Ziel stellen, wie aus Delegationskreisen verlautete. Die G20-Gruppe steht für fast 80 Prozent des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen.

Nach dem Beginn der UNO-Klimakonferenz im schottischen Glasgow am Sonntag wollten ab Montag die Staats- und Regierungschefs dort beraten. Als umso wichtiger galt eine Vorab-Einigung der G-20 in Rom.

Was aber sind die großen Themen, die in Glasgow von den Vertretern von 197 Staaten bis 12. November gelöst werden sollen?

NDC, die „Nationally Determined Contributions“ oder Klimaschutz-Versprechen der Staaten

Die Versprechen der Staaten, wie viele Treibhausgase jedes Land bis wann reduzieren will, werden genauestens analysiert. Die aktuellen Versprechen führen leider zu einer Erwärmung von 2,7 °C bis 3,1 °C und verfehlen damit das Klimaschutz-Ziel des Parisvertrages, der ja eine Erderwärmung bis 2100 „deutlich unter 2 °C und möglichst bei 1,5 °C“ verlangt – immer im Vergleich zur vorindustriellen Zeit vor 1750. Die Erwärmung aktuell liegt bei 1,1 °C. Fraglich ist, ob es von den Staaten neue, substanzielle Zugeständnisse in Glasgow geben wird.

Loss and Damage oder: Die Schuldfrage – und wer zahlt

Seit der Klimakonferenz in Warschau 2013 ist eine enorm wichtige Frage ungelöst: Wenn keine Anpassung an den Klimawandel mehr möglich ist, wie etwa demnächst bei pazifischen Inselstaaten, müssen ganze Völker umgesiedelt werden. Aber wer haftet dafür, wer soll das bezahlen?

Die betroffenen Staaten argumentieren mit dem Verursacher-Prinzip, also um die Frage, wer für die Mengen an Treibhausgasen in der Atmosphäre historisch seit den 1750er-Jahren verantwortlich ist. Und das sind zweifellos die USA (Anteil 25 Prozent), die EU-28 (22 Prozent), China (12,7 Prozent) und Russland mit 6 Prozent.

Übrigens wollten anfangs auch Ölstaaten bei „loss and damage“ finanziell kompensiert werden, schließlich entgeht ihnen mit dem Ende für Öl und Gas viel Geld.

Die Rolle von China, den USA und der EU

China hat noch immer große Probleme, den Energiehunger seiner Industrie zu stillen, auch wenn die Chinesen nicht nur Kohlekraftwerke, sondern auch enorm viel Windkraft und Wasserkraft samt zahlreicher Pumpspeicher in Planung oder Bau haben.

Die USA werden zwar mit einer großen Delegation und Präsident Biden nach Glasgow kommen. Biden selbst hat aber allergrößte Probleme, seinen 1.850 Milliarden Dollar schweren Klima- und Infrastrukturplan in seiner eigenen Partei durchzubringen.

Und die Europäer wollen und werden weiter als Vorreiter des Klimaschutz auftreten, noch stehen aber weite Teile des „Fit for 55“-Klimaplans (minus 55 Prozent Emissionen bis 2030, CO2Neutralität bis 2050) der Kommission in den Sternen.

Klimafinanzierung

Vor mehr als zehn Jahren wurde vereinbart, dass ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden Dollar von den Industriestaaten für ärmere Länder bereitgestellt werden. Derzeit sind es in etwa 80 Milliarden, was die Ärmeren nicht freut. Mit dem Geld dürfen entweder Anpassungen an den Klimawandel bezahlt werden – Hochwasserschutz in Küstengebieten etwa – oder neue klimaschonende Technologien gekauft werden. Umstritten ist noch, mit welchen Regeln eine zu befürchtende Korruption verhindert werden kann.

Der ungelöste Artikel 6, bei dem es um das Carbon Offsetting und den Kohlenstoff-Handel geht

Der Grundgedanke der Kompensation (carbon offsetting) ist es, den Ausstoß einer bestimmten Menge an Treibhausgasemissionen, der an einem Ort der Welt nicht vermieden wird, an einem anderen Ort der Welt zu verhindern. Doch so ein Handel mit Emissionen birgt Gefahren wie Doppelzählungen und Betrug durch den Verkauf gefälschter Zertifikate. Auch dafür muss erst eine transparente Regelung gefunden werden.

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