Mexikos erste Präsidentin: Wer ist Claudia Sheinbaum?
Die Umfragen hatten es bereits vorausgesagt: Claudia Sheinbaum, Kandidatin der sozialdemokratischen Regierungspartei Morena, wird Mexikos neue – und erste weibliche – Präsidentin. Ihr großer Vorsprung gegenüber Konkurrentin Xóchitl Gálvez überraschte dann aber doch, CNN-Reporter Gustavo Valdés sprach gar von einem „Schock“. Sheinbaum soll bis zu 60 Prozent der Stimmen erhalten haben, Gálvez nicht mal 30.
Dass sie nun Präsidentin werde, sei nicht nur eine Errungenschaft für sie, sondern für alle Frauen, so Sheinbaum vor jubelnden Wählern. Bereits 2015 wurde die heute 61-Jährige zur ersten weiblichen Vorsteherin des Bezirks Tlalpan in Mexico City gewählt, bevor sie ab 2018 auch das Amt der Stadtchefin als erste Frau bekleidete.
Sheinbaum ist nicht nur die erste weibliche Präsidentin Mexikos, sondern auch die erste Präsidentin jüdischer Herkunft, obwohl sie nur selten öffentlich über ihren persönlichen Hintergrund spricht. Ihre Großeltern mütterlicherseits waren auf der Flucht vor den Nazis aus Bulgarien nach Mexiko eingewandert. Ihre Großeltern väterlicherseits stammten aus Litauen.
Renommierte Forscherin
Die aus einer Akademikerfamilie stammende Physikerin strebte zunächst eine universitäre Laufbahn an, fokussierte sich auf Umwelt- und Klimathemen. Sie arbeitete am Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) mit, das 2007 den Friedensnobelpreis erhielt.
Als Studentin wurde Sheinbaum Teil einer Protestbewegung, die die Grundlage für die heutige Linke im Land legte. Dort lernte sie auch ihren ersten Ehemann, Carlos Ímaz, kennen. Als der 2000 Regierungschef des Bundesdistrikts Mexiko-Stadt wurde, nominierte er sie als seine Umweltsekretärin.
"Schattenpräsident" Obrador?
Sheinbaums Mentor war aber ein anderer Mann: ihr scheidender Vorgänger López Obrador, auf dessen „Fortschritten“ die neue Präsidentin aufbauen will und dessen beliebte Wohlfahrtsprogramme sie auszubauen plant.
Im Gegensatz zum diskussionsfreudigen, angriffigen Obrador, der nicht mehr zur Wahl antreten durfte, wirkt Sheinbaum eher zurückhaltend und etwas verkrampft. Ihre Rivalen nennen sie "Ice Lady" und kritisieren sie als unnahbar.
Auch das dürfte ein Grund sein, warum einige Experten glauben, dass Obrador im Hintergrund weiterhin die politischen Zügel in der Hand halten wird.
Jede Stunde verschwindet in Mexiko eine Frau
Laut CNN-Journalist Valdés gibt Sheinbaums Wahltriumph „eine Vorstellung von der politischen Macht, die López Obrador in den letzten sechs Jahren angehäuft hat“. Eine weibliche Präsidentin würde dazu beitragen, das Image Mexikos als „Macho“-Land zu ändern, erklärte er zudem. Wie viel sich für die Frauen im Land unter Sheinbaum tatsächlich ändern wird, ist fraglich. Feministische Bewegungen zeigten sich nicht allzu hoffnungsvoll. Statistiken zufolge verschwindet in Mexiko pro Stunde mindestens eine Frau, pro Tag sterben 11 Frauen gewaltsam.
Allgemein erwarten Experten beim drängenden Thema Sicherheit keine allzu großen Verbesserungen. Dafür stand auch der Wahlkampf selbst: Er war von gewaltsamen Zwischenfällen geprägt. In den zentralen Bundesstaaten Puebla und México sowie in einem Vorort der nordöstlichen Großstadt Monterrey gab es nach örtlichen Medienberichten jeweils einen Vorfall, bei dem Schüsse fielen, auch zu Todesfällen soll es gekommen sein.
In den Städten Chicomuselo und Pantelhó im Süden mussten die Wahlen wegen der Gewalt der Drogenkartelle in der Region komplett ausgesetzt werden. Dutzende Kandidaten wurden getötet.
Will gutes Verhältnis zu USA
Die Wahl in Mexiko wurde auch in Washington mit Argusaugen beobachtet, ist die hohe Anzahl an Migranten, die aus Lateinamerika über Mexiko in die USA kommen, dort doch ein essentielles Thema im Rennen um den Einzug ins Weiße Haus. Sheinbaum zeigte sich bereits zuversichtlich und erklärte, dass sie ein gutes Verhältnis zu Donald Trump aufbauen würde können, sollte dieser erneut Präsident werden.
Der attackiert seinen Konkurrenten, Amtsinhaber Joe Biden, regelmäßig für seine Grenzpolitik und schimpft lautstark über die Migranten aus dem Süden. 2023 sagte er gar, die Einwanderer ohne Papiere würden das US-amerikanische „Blut vergiften“, was viele an nationalsozialistische Rhetorik erinnerte.
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