Ciao Matteo! Die Welt blickt nach Italien

Premier Matteo Renzi vor dem Aus
Die große Mehrheit versenkt die Verfassungsreform des italienischen Premiers. Fehler bei Wahlkampagne und ein flaues Wirtschaftswachstum gehören zu den Ursachen, die zur Abkehr vom "Renzismus" führten.

Die Italiener haben für den "Rexit" gestimmt. Mit ihrem klaren "Nein" zur Verfassungsreform fällt der Vorhang für die Regierung von Premier Matteo Renzi. Der Jungstar der italienischen Politik, der vor etwas mehr als 1.000 Tagen als vermeintlicher "Verschrotter" einer alten politischen Führungsriege das Ruder des Landes übernommen hatte, ist selbst verschrottet worden.

Der "Renzismus", eine Mischung aus liberaler Wirtschaftspolitik, Reformwillen und einer gewissen jugendlichen Überheblichkeit, ist zu Ende. Versenkt wurde er vom "Nein" zur Verfassungsänderung, der "Mutter aller Reformen", die die Krönung von Renzis politischer Karriere hätte sein sollen. Renzis Strategie, aus der Volksbefragung zur Konsolidierung seiner Machtposition ein Plebiszit über seine Regierung zu machen, ist gescheitert.

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Vorgänger aus dem Amt gedrängt

Renzis Gegner beschuldigten ihn immer wieder, die Regierung des Landes übernommen zu haben, ohne sich einer Wahl zu stellen. Der Chef der Demokratischen Partei (PD) war im Februar 2014 an die Macht gekommen, indem er seinen Parteifreund Enrico Letta aus dem Amt gedrängt hatte, weshalb ihm Kritiker "Verrat" und "Putsch" vorwarfen. Seine Regierung sei daher nicht vom Volk legitimiert. Renzi hat aus dem Referendum eine Feuerprobe gemacht und sich die Legitimierung des Volks und somit die Stärkung seiner Führungsposition erhofft. Seine Rechnung ist aber nicht aufgegangen.

Mit der "Mutter aller Reformen" wollte Renzi Italien regierbarer machen. Doch die Italiener wollten nicht mitziehen. Sie befürchteten, dass die Regierung durch den Wegfall des Senats in der jetzigen Form zu viel Macht bekomme. Das bisherige System der gleichberechtigten Parlamentskammern war nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen worden, um eine Rückkehr zur Diktatur zu verhindern. Heute jedoch gilt es als eines der Hauptfaktoren für die politische Lähmung und Instabilität Italiens. Renzis Pläne, den Senat abzubauen und ihn durch eine Kammer der Autonomieregionen, die aus Bürgermeistern und Präsidenten der Regionen besteht, zu ersetzen, überzeugte die Italiener nicht. Linke Renzi-Kritiker wie der Verfassungsrechtler Gustavo Zagrebelski warnten vor einer "Tyrannei der Mehrheit".

Italienische Wirtschaft kommt nicht in Schwung

Renzi zahlt auch einen hohen politischen Preis für die schwierige Konjunktur in Italien. Trotz ausgedehnter Liberalisierungsmaßnahmen, etwa einer großen Arbeitsmarktreform, kommt die italienische Wirtschaft nicht wirklich in Schwung. Renzi regiert seit fast drei Jahren, hat jedoch wesentliche Probleme wie das niedrige Wachstum und die Jugendarbeitslosigkeit nicht gelöst, behaupten seine Kritiker. Soziale Ungleichheiten hätten während Renzis Amtszeit sogar zugenommen. Der Premier habe sich mehr um die Rettung der Banken als um neue Arbeitsplätze gekümmert.

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Dafür gebärdete er sich als "Turboreformer", der das Land mit verschiedenen Maßnahmen aus der Wirtschaftskrise und der politischen Instabilität holen wollte. Sogar bei Anhängern der Rechten um den ehemaligen Regierungschef Silvio Berlusconi kam er dabei gut an - zumal ihm weder politische Skandale noch Korruptionsaffären anhafteten.

Auch eine gewisse Arroganz hat Renzi in dieser Wahlkampagne geschadet. Als Garant der politischen Stabilität in Italien hat der toskanische Premier immer wieder das Schreckgespenst von Turbulenzen auf den Finanzmärkten an die Wand gemalt, um die Italiener für das "Ja" zu gewinnen. Als Sprecher einflussreicher Bankenlobbys und hoher Finanzkreise sowie der Brüsseler Technokratie stellten Renzis Gegner den Premier dar. Dieser habe die Verfassungsreform ohne Dialog mit der Opposition umsetzen wollen und das Land gespalten. Die "Nein"-Gegner haben die Italiener überzeugt. Jetzt heißt es das Blatt zu wenden, doch die politischen Perspektiven scheinen alles andere als gewiss zu sein.

Nachdem er wegen der Niederlage beim Verfassungsreferendum vom Amt des Premier zurückgetreten ist, könnte Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi auch auf die Führung seiner Demokratischen Partei (PD) verzichten. Das Gremium der stärksten Einzelpartei im italienischen Parlament tagt am Dienstag und berät über das Ergebnis des Referendums.

Das Gremium muss über die Zukunft der Mitte-Links-Partei entscheiden. In der Gruppierung war zuletzt immer wieder Kritik an der doppelten Rolle Renzis als Regierungschef und als PD-Vorsitzender aufgetaucht. Dem Ministerpräsidenten war mehrmals vorgeworfen worden, sich zu wenig um die Gruppierung zu kümmern.

Die Renzi-Gegner in der Demokratischen Partei, zu denen etliche verflossene Größen der italienischen Linken gehören, warten seit langem auf eine Revanche gegen den jungen Premier, der einst angetreten war, um die alte Garde zu "verschrotten", wie er es nannte. "Man spuckt auf uns und unsere Geschichte. Alles hat seine Grenzen. Ich werde wie Schrott behandelt", protestierte Bersani. Jetzt hofft er auf einen Neustart des PD und auf eine Rückbesinnung auf seine sozialdemokratische Tradition nach dem stark liberalen Kurs Renzis. Ob sich die Wege zwischen Renzi und dem PD dabei trennen, werden die kommenden Tage entscheiden.

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