Noch ist er nicht veröffentlicht, doch chinesischen Medien und Experten zufolge enthält der Plan, der Weg Chinas unter Führung von Staats- und Parteichef Xi Jinping zur stärksten Volkswirtschaft der Welt bereiten soll, folgende Schwerpunkte:
"Duale Kreisläufe"
Damit ist eine wesentliche Wende in Chinas Wirtschaftspolitik gemeint, die auch für westliche Unternehmer eine große Rolle spielen wird: Peking legt den Fokus auf die Entwicklung des heimischen Marktes, der mit Förderungen und Programmen à la longue zum Hauptmotor der Wirtschaft werden soll. Um den Binnenmarkt und den Konsum kräftig anzukurbeln, müssen die Strategen an vielen Schrauben drehen.
Es sind Mega-Aufgaben im Bildungsbereich, im Gesundheits- und Sozialsystem, in Joboffensiven abseits der großen Städte, um einen gewissen Wohlstand der breiten Masse im 1,4 Milliarden Menschen zählenden Land zu erreichen.
Nicht nur das gewaltige Stadt-Land-Gefälle bereitet den Verantwortlichen Sorgen, sondern auch die demografische Entwicklung. Nach Jahrzehnten der bereits beendeten Ein-Kind-Politik und den enormen Wohnungspreisen in Städten schreitet die Vergreisung der Gesellschaft voran. So gab es 2020 gleich um 15 Prozent weniger Neugeborene als noch im Jahr zuvor.
Zukunftstechnologien
Um die Abhängigkeit von internationalen Zulieferern zu verringern, will China massiv in Innovationen etwa bei Künstlicher Intelligenz, Quantencomputern oder Halbleitern investieren. Nach Ansicht von Experten ist dafür viel Know-how aus dem Ausland nötig. Sollten die USA ihre Exportkontrollen verschärfen und damit Chinas Zugang zu neuem Know-how für topmoderne Technologie blockieren, könnte das durchaus zum großen Problem für Peking werden.
"Grüne Transformation"
Peking hat ehrgeizige Klimaziele in allen Bereichen, die nächsten fünf Jahre soll einiges auf Schiene gebracht werden. Bis 2035 sollen alle energieintensiven und die Umwelt belastenden Industriebranchen wie etwa die Stahlindustrie auf "grüne" Produktionsweisen umgestellt sein.
Die KP-Führung hat großes Interesse daran, nicht zu scheitern: Ihre Macht und Legitimität kann sich langfristig nur sichern, wenn die Umwelt und das wirtschaftliche Überleben des Riesenvolkes durch eine nachhaltige Wirtschaft gesichert sind.
Experten des China-Instituts Merics in Berlin nennen noch zwei Gründe: Die Führung in Peking hat durch den Handelskonflikt mit den USA erkannt, dass sie die chinesische Nachfrage an Nahrungsmitteln und Energie sichern muss - und das mit effizienten, nachhaltigen Mitteln. Die Aufgabe ist enorm, bezieht China doch trotz riesiger Investitionen in erneuerbare Energie noch immer 660 Gigawatt Strom aus Kohlekraftwerken.
Wenn die Wissenschafter und Praktiker überzeugende Lösungen dafür finden, könnten sie in diesem Technologiebereich führend in der Welt werden.
Aufrüstung zur globalen Macht
Das Militärbudget soll – mit Blick auf die USA, Taiwan und Hongkong – um rund sieben Prozent steigen. Helena Lagarda von Merics: "Ein starkes, modernes Militär ist aus Sicht der Kommunistische Partei eine Vorbedingung für China, bis 2049 eine globale Macht werden zu können." Peking schicke auch ein "starkes Signal" an die USA und andere westliche Staaten, dass die militärische Modernisierung trotz der Schwierigkeiten durch die Corona-Pandemie weiter "eine hohe Priorität" für die Führung habe.
"Patrioten" für Hongkong
Die Luft für prodemokratische Aktivisten wird noch dünner. Nach dem Sicherheitsgesetz als Reaktion auf die anhaltenden Demonstrationen in Hongkong folgt nun der nächste Schritt, um Hongkong noch strenger an die Kandare zu nehmen: Eine geplante Wahlreform soll sicherstellen, dass nur "Patrioten"- als Peking-treue Kandidaten - ins Hongkonger Parlament gewählt werden. Die Gesinnungsprüfung könnte ein eigenes Gremium vornehmen.
Auch das Wahlkomitee, das den Hongkonger Regierungschef wählt, könnte neu zusammengesetzt werden. Schon jetzt besetzen überwiegend Vertreter der Peking-treuen Berufs- und Wirtschaftsverbände das aus 1.200 Mitgliedern bestehende Komitee. Nach den von Staatsmedien kolportierten Plänen könnten auch die bisher vertretenen 117 Bezirksräte Hongkongs, die dem demokratischen Lager angehören, aus dem Komitee entfernt werden.
Das neue Gesetz wird von Staatsmedien als "HIghlight" der Volkskongress-Tagung gefeiert. Spätestens Anfang Dezember stehen in der ehemaligen britsichen Kronkolonie Wahl an.
Kampf gegen "Verschwörer"
Die Opposition in Hongkong bekommt bereits die ganze Härte des international heftig kritisierten Sicherheitsgesetzes zu spüren. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Gleich mehrere bekannte Aktivisten wurden in den vergangenen Monaten wegen verhältnismäßig geringer Vergehen zu Gefängnisstrafen verurteilt.
Eine ganze Reihe Hongkonger Aktivisten setzte sich zudem zuletzt aus Angst vor Strafverfolgung durch das neue Hongkonger Staatssicherheitsgesetz in andere Staaten ab.
"Ein Land, ein System"
Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 "ein hohes Maß an Autonomie" und viele Freiheiten genießen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von "Ein Land, ein System".
Kommentare