Staatsbesuch in China: Alles Panda, oder war da noch was?

Staatsbesuch in China: Alles Panda, oder war da noch was?
Bilanz: Warum die Milliarden-Deals Erfolge von gestern sind. Wie Van der Bellen und Kurz hinter den Kulissen agieren. Und was sich die Wirtschaft erwartet.

Bundespräsident Alexander van der Bellen machte an der letzten Station der sechstägigen Tour der Force aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Wir haben hier zwei intensive Tage in Chengdu, dann haben wir es hinter uns.“ Nach Peking und Hainan war auch der Aufenthalt in der boomenden Hauptstadt der Provinz Sichuan stundenweise durchgetaktet: Eröffnung eines österreichischen Generalkonsulats in der 15-Millionen-Metropole. Wirtschaftsforum zur Vernetzung heimischer und chinesischer Unternehmen. Bankett mit Provinzgewaltigen. Verabschiedung des ersten ÖBB-Frachtzuges, der Wien als Endstation für die neue Seidenstraße attraktiver machen soll. Besichtigung eines gigantischen Stadterweiterung-Projekts von Chengdu für 6 Millionen Menschen an einem künstlichen Gewässer, gegen das sich die Seestadt Aspern wie Minimundus ausnimmt.

Fünf Stunden vor Aufbruch zum Heimflug dann die wichtigste Nebensache der China-Visite: Ein Besuch im Panda-Park. Sichuan ist die Heimat der Bären mit den großen, liebreizenden Augen, die auch hier den lieben langen Tag gemütlich vor sich hinfressen – aber alles andere als Kuscheltiere sind (siehe Kasten rechts).

Was bewegte Staatspräsident, Kanzler und Außenministerin noch ins Panda-Gehege zu gehen? Auf dem Wunschzettel der Österreich-Delegation stand auch ein Panda-Männchen für den Zoo Schönbrunn.

Hofer lobt VdB

Wer sich freilich deshalb eine Politikerreise als Besichtigungstour auf Staatskosten vorstellt, läuft Gefahr, der Propaganda der alten FPÖ auf den Leim zu gehen. Angesichts herziger Pandabilder samt Staatsspitzen hätte dieser Tage mancher Blaue wohl polemisch den „größten Staatsausflug aller Zeiten“ ausgerufen. In Peking schwang sich ausgerechnet ein blauer Minister zum Kronzeugen für den Sinn von Staatsvisiten wie der in China auf. Norbert Hofer, der aus Termingründen (die Budgetberatungen im Parlament riefen) nicht mit nach Chengdu kam, sang vor seiner Heimreise ein Loblied auf Alexander van der Bellen, seinen ehemaligen Konkurrenten als Präsidentschaftskandidat: „Der Bundespräsident ist ein echter Türöffner für die Wirtschaft.“ Der Chef des Infrastrukturressorts stimmte auch eine Hymne auf den ÖVP-Wirtschaftskammerpräsidenten an: „Ich möchte mich auch bei Präsident Leitl ausdrücklich bedanken. Er beweist ein Durchhaltevermögen, das einmalig ist.“

Das war auch erforderlich. Während des Besuchs wurden im Vorfeld abgeschlossene Deals über 1,5 Milliarden Euro feierlich paraphiert. Zur chinesischen Business-Kultur gehört, Abschlüsse rituell zu feiern und zu inszenieren. Chinesen lieben so wie viele Asiaten Gruppenfotos.

Ein formelles Abendessen auf Hainan wurde zugleich die „Launching Ceremony“ für erfolgreich abgeschlossene chinesisch-österreichische Joint-Ventures: Ein neues Spitalsprojekt der Vamed auf Hainan, der im Oktober startende erste Direktflug der Hainan-Airlines von Shenzen nach Wien.

Beides schon lange ausverhandelt, aber noch nicht mit Musik und Tanz gefeiert.

Denn die gute Stimmung von heute sichert die Erfolgsbilanz von morgen. Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Peking, Martin Glatz, resümiert: „Jetzt muss man den Schwung auch mitnehmen. Der Kanzler und die Minister sollten auch allein bald wiederkommen. Es muss nicht immer eine so große Delegation sein.“

Perfektes Doppelspiel

Denn Fakt ist, sagen alle China-Kenner, ohne Spitzenpolitiker, die regelmäßig als Türöffner kommen, läuft in der gelenkten Wirtschaft nichts.

Was bleibt unterm Strich so vom „größten Staatsbesuch aller Zeiten“? Der Wirtschaftsdelegierte erwartet sich als profunder Auskenner vor Ort , dass sich Österreichs Exporte nach China bis 2020 um 30 Prozent steigern. „Das wird auch für uns ei n Test für den Erfolg des Besuchs.“

Maßgeblich für künftige Erfolge war: Van der Bellen und Kurz lieferten auch hinter den Kulissen ein perfektes Zusammenspiel. Teilnehmer berichten: Während der Bundespräsident sensible Fragen wie Markenpiraterie, Willkür bei Geschäftsstreitigkeiten, Überwachung und Menschenrechte dezent anspricht, lotet der Kanzler gelegentlich die Grenzen des Möglichen aus. Kurz brüskiert aber nicht mit offener Kritik, sondern formuliert sie sozial intelligent als Fragen. Der Kanzler ließ bei seiner China-Reise auch öffentlich aufhorchen.

Nach Xi Jinpings neuerlichem Plädoyer für den Freihandel sagte Kurz als einer der wenigen Regierungschefs auch, was viele dachten: „Jetzt hoffen wir, dass den Ankündigungen auch Taten folgen.“ In einem TV-Interview machte er sich zudem für „mehr Bürgerrechte“ stark.

Und, was wird aus der wichtigsten Nebenfrage? Dreimal hatte Präsident Xi den Wunsch der Österreicher nach einem Panda-Männchen angesprochen, resümieren Gesprächsteilnehmer: Ein gutes Zeichen, aber noch lange keine Zusage.

Unausgesprochene Hoffnung: Wenn Chinas Präsident demnächst der von Van der Bellen ausgesprochenen Einladung nach Österreich nachkommt, könnte er auch das endgültige Ja im Gepäck haben.

Panda kostet 1 Million

Geht die Hoffnung auf, ist das „eine seltene Geste der Freundschaft“, sagt Botschafter Fritz Stift. „Nur ganz wenige Länder erhalten Pandas.“ 2002 hatte sich der Wunsch nach dem ersten Pandapärchen für den Tiergarten Schönbrunn überraschend schnell erfüllt. Anlässlich eines Europatrips ließ Premier Zhu Rongji wissen, dass es bald soweit sei.

Bezahlt wurde damals nicht in Cash, sondern mit der Ausbildung von Zoowärtern. Rund eine Million kostet heute ein Panda-Männchen.

Grünes Licht für den Export eines Pandas gibt allein Chinas neuer Allmächtiger: Nur Xi Jinping entscheidet, ob und wann er kommt – und ob auch diesmal quasi in Naturalien bezahlt wird.

Österreichische Delegation in China

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