Als der Präsident seinen Vorgänger Hu Jintao beim Parteitag im Oktober aus der Großen Halle des Volkes eskortieren ließ, signalisierte er der Welt, dass er den Machtkampf gewonnen hatte. Der 80-jährige Hu war einst Li Keqiangs größter Förderer gewesen. Xi besetzte anschließend alle Schlüsselpositionen in der Partei mit Vertrauten und entmachtete damit den liberalen Parteiflügel.
Anders als der Präsident, der die entsprechende Passage bereits 2018 aus der Verfassung streichen ließ, ist die Amtszeit des Premierministers in China auf maximal zehn Jahre beschränkt. Li Keqiangs Abgang im Laufe des Volkskongresses in dieser Woche ist damit besiegelt. Um dem Volk keine Möglichkeit zur Solidarisierung mit dem 67-Jährigen zu geben, löschte die staatliche Zensur vorsorglich alle Videos seiner Abschiedsrede.
Xi belohnt Loyalität
Wer als Premier nachfolgen wird, steht ebenfalls seit Oktober fest: Li Qiang, bisher Parteichef der chinesischen Wirtschaftsmetropole Schanghai. Der 63-Jährige teilt sich seinen Familiennamen mit dem scheidenden Li Keqiang, ist aber ein enger Vertrauter des Präsidenten, für den er bereits im Jahr 2004 arbeitete, als Xi noch Parteisekretär der Provinz Zheijang war.
Li Qiang gilt zwar auch als wirtschaftsfreundlicher Pragmatiker, weiß aber genau, wann er seine Haltung der Loyalität unterordnen muss. Er galt zum Beispiel lange als Freund des chinesischen Milliardärs Jack Ma. Als der Alibaba-Gründer jedoch vor zwei Jahren nach öffentlicher Kritik bei der Regierung in Ungnade fiel, verhinderte Li als Parteichef von Shanghai den Börsengang von Mas Konzern Ant Group – wodurch dessen Vermögen in nur einer Woche um 13 Milliarden Dollar schrumpfte.
Das bemerkenswerteste Beispiel für Lis Treue zu Xi war jedoch der chaotische, zweimonatige Lockdown in Schanghai vor einem Jahr. So hatte Li zuvor dafür gesprochen, „mit dem Virus zu leben“ und sogar den Import westlicher Impfstoffe erwogen. Aller Rationalität zum Trotz folgte er letztlich aber der Null-Covid-Vorgabe des Präsidenten.
Es folgten zwei Monate voller menschlicher Tragödien. Zwischenzeitlich stand die gesamte 26-Millionen-Einwohner-Metropole unter Lockdown, die Lebensmittelversorgung brach zusammen. Chinas größte Stadt gilt seither als Sinnbild der gescheiterten Null-Covid-Politik. Schanghais Wirtschaft ist heute noch dabei, sich von dem Chaos zu erholen.
Von der Bevölkerung wurde Li Qiang ebenso für das Leid verantwortlich gemacht wie von internationalen Konzernen für deren finanzielle Schäden. Doch für ihn selbst hat sich der Schritt gelohnt. Er wird in dieser Woche zum ersten Premier seit 1976 aufsteigen, der zuvor kein Teil der Zentralregierung war. Und es Xi mit weiterer Ergebenheit danken.
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