China: Kinder zu teuer, dann lieber ein Haustier

China: Kinder zu teuer, dann lieber ein Haustier
Der Lebensstandard in China steigt. Dennoch können sich viele Paare nicht mehr als ein Kind leisten. Der Trend zum Haustier nimmt zu.

In Chinas Städten werden bis ins Jahr 2030 mehr Haustiere als Kinder unter vier Jahren leben - und das fast im Verhältnis zwei zu eins. Das geht aus einer Analyse der Investmentbank Goldman Sachs aus dem Juli hervor. Vor allem die junge Generation werde Haustiere halten, hieß es darin.

In China sind in diesem Zusammenhang zwei Trends zu beobachten: sinkende Geburtenraten, immer mehr Haustiere in chinesischen Haushalten.

Aktuell liegt die Geburtenrate in China bei ungefähr einem Kind je Frau. 2017 lag sie noch bei 1,81. Der rapide Rückgang setzen ironischerweise mit dem Ende der Ein-Kind-Politik ein. Im Oktober 2015 wurde die bis dahin rigide Familienpolitik von der Kommunistischen Partei gelockert, die Ein-Kind-Regel abgeschafft. Ab dem 1. Januar 2016 durften Paare in China zwei Kinder haben, seit 2021 sogar drei. Und doch hat sich seit 2017 die Zahl der Kinder, die eine Frau in ihrem Leben bekommt, beinahe halbiert.

Die Gründe für sinkende Geburtenraten sind vielfältig: Mehr Frauen verbringen mehr Zeit in Ausbildung, heiraten seltener und wenn, dann später. Jahrzehntelang hat die Ein-Kind-Politik in China zudem ein Ungleichgewicht in der Geschlechterverteilung gefördert und so das Bewusstsein für kleinere Familien. Die Ein-Kind-Familie könnte sich somit als soziale Norm durchgesetzt haben. 

Ein weiterer Punkt: hohe Lebenshaltungskosten. Speziell in den teureren Städten können sich trotz gestiegener Lebensstandards immer weniger Paare mehr als ein Kind leisten. Zudem gibt es wenig staatliche Unterstützung in Form von Kinderbetreuung, Mutterschaftsurlaub oder finanziellen Anreizen.

China: Kind großziehen kostet

Das chinesische Yuwa-Institut für Bevölkerungsforschung ermittelte heuer, dass die Kosten, ein Kind aufzuziehen, in China weltweit mit am höchsten sind. Die Experten betrachteten dafür das Jahr 2022 und machten ihre Ergebnisse an den Ausgaben für ein Kind verglichen mit dem jährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Kopf fest.

Im Schnitt kostete es demnach 538.000 Yuan (derzeit etwa 68.400 Euro), um ein Kind bis zum 18. Lebensjahr zu erziehen. Dies sei das 6,3-fache des chinesischen BIPs pro Kopf. Teurer war es demnach nur in Südkorea, das weltweit ganz hinten bei den Geburten je Frau rangiert.

Immer mehr Haustiere

Weg von den Kindern - hin zu den Tieren: In China scheinen Haustiere mittlerweile so etwas wie ein Kinderersatz zu werden. In den chinesischen Städten leben laut Schätzungen ungefähr 116 Millionen Katzen und Hunde, Tendenz stark steigend.

"Menschen brauchen emotionalen Trost, deshalb entscheiden sich viele, ein Haustier zu halten, egal ob sie Kinder haben oder nicht", erklärt Dr. Hu Yusheng, Tierarzt für chinesische Medizin in Peking. Gerade in Großstädten erleben viele Menschen soziale Isolation. Haustiere bieten Gesellschaft und helfen, Einsamkeit zu lindern, besonders bei Singles und älteren Menschen.

Die Branche boomt entsprechend. In einem Land mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern birgt ein solcher Trend enormes Geschäftspotenzial:  Im Juli kam eine Analyse der US-Investmentbank Goldman Sachs zu dem Schluss, dass der Markt für Haustierfuttermittel in China bis zum Ende des Jahrzehnts umgerechnet 63 Milliarden Yuan (derzeit etwa 8 Milliarden Euro) groß sein könnte.

An dem Haustiertrend gibt es jedoch auch Kritik. Die Tierschützer von Peta Asia loben zwar die Sorge um Hunde in China. Allerdings kritisieren sie die Bedingungen, in denen manche Hundezüchter inzüchtige Würfe produzieren und die Tiere in zu kleinen Käfigen halten, während Straßenhunde um ihr Überleben kämpfen. Peta wirbt dafür, Tiere aus Heimen zu holen, statt von Züchtern oder Tierläden zu kaufen.

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