Eine andere Monarchie: Wie Charles die Krone für sich anpassen lässt
Einen Eid sollten die Menschen auf ihn schwören? „Abstoßend“ habe Charles diese Idee gefunden, erzählte sein Biograf Jonathan Dimbleby der "Times" vor wenigen Tagen. Also begann ein regelrechtes Tauziehen im Buckingham Palast um diesen entscheidenden Moment der Krönung. Dass Großbritanniens Adel der Reihe nach auf die Knie sinken sollte – wie man das seit Jahrhunderten bei Krönungen macht – wollte der neue König unbedingt aus der Welt schaffen. Und ein Eid, zu dem die Menschen aufgerufen würden, ging für ihn ebenfalls nicht.
Also wurde schließlich ein Kompromiss gestrickt: Lediglich „eingeladen“ wurden die Briten, dem neuen König ihre Unterstützung auszusprechen – und wer das nicht wolle, so wurde beim Gottesdienst versichert, der könne gerne auch eine Schweigeminute einlegen.
Gewicht der Tradition
Eine schwierige Suche nach neuen Wegen mit dem Gewicht einer jahrhundertealten Tradition auf den Schultern hat Charles’ Krönung am Samstag geprägt – und wird voraussichtlich auch seine Regentschaft prägen. All die Schwerter, Zepter und heiligen Öle ließ Charles mit bitterer Miene über sich ergehen, um dann bei dem Gospel-Chor, den er sich gewünscht hatte, zu lächeln.
Dienen als wichtigstes Wort
All die uralten Formeln von einem König als Schutzherr und Sieger durften ihren Platz behalten, aber dazwischen platzierte Charles glasklar seine Vorstellung von einem Monarchen: Dienen solle er, dieses Wort bekam nicht zufällig eine tragende Rolle bei der Krönungsfeier.
Zu dienen, das sah auch seine Mutter Elizabeth als ihre Aufgabe, doch für sie bedeutete das vor allem, die Stellung zu halten, private und politische Krisen mit stoischer Miene durchzustehen.
Charles aber hat sich in seinen Jahrzehnten als der ewige Thronfolger seine Ideen und Vorstellungen genau zurechtgelegt. „Das Markenzeichen seiner Mutter war unerschütterliche Fröhlichkeit“, erklärt Dimbleby, „für Charles aber ist es Engagement.“
Elizabeth hatte sich in ihrer gesamten Amtszeit eine Art politisches Schweigegelübde auferlegt. Ob nun Großbritannien, angetrieben von einer Handvoll Populisten, aus der EU austrat oder die eigene Familie sich wieder einmal öffentlich bekriegte: Die Queen schwieg, wenn auch gelegentlich vielsagend.
Ein König als Aktivist
Ihr Sohn aber versuchte schon immer seine Ideen an die Öffentlichkeit zu bringen. Und auch an jene, die die Möglichkeit hatten, sie tatsächlich umzusetzen, die Politiker.
Die "Black Spider"-Briefe
Die „Black Spider“-Briefe, die er einst in krakeliger Schrift verfasst und an diverse Politiker verschickt hatte, wird er als König wohl nicht mehr aufsetzen können. Natürlich sei ihm klar, dass in seiner neuen Rolle auch eine gewisse Zurückhaltung unerlässlich sei, betonen Vertraute, aber er werde trotzdem versuchen, sich an der richtigen Stelle Gehör zu verschaffen.
Kontakt mit Menschen suchen
Und das ist natürlich zuallererst das Thema, das seine letzten Jahrzehnte bestimmt hat: Der Umweltschutz. Charles, der ja selber leidenschaftlich gärtnert, jagt und Biolandbau betreibt, wird auch weiterhin mit Menschen, die diese Leidenschaft und das Ideal von einer nachhaltigen Landwirtschaft teilen, den Kontakt suchen. Ein Aktivistenkönig, der den Konflikt sucht und auf seine tragende Rolle vergisst? Nein, dafür sei seine Lehrzeit als Prinz viel zu lange gewesen. Charles wisse genau, was er wolle und was er tatsächlich erreichen könne.
Die Krone schmerzte
Die schwere Krone habe ihm weh getan, verriet Sohn William am Tag nach der Krönung. Charles hatte zwar schon vor Monaten den Auftrag erteilt, sie an den eigenen Kopf anpassen zu lassen. Sie drückte trotzdem – und er ertrug es mit Würde, auch wenn er auf das Lächeln, das sich seine Mutter in solchen Situationen abrang, bewusst verzichtete. Bei der Parade danach trug er übrigens ein anderes Modell. Die Krone wurde ausgetauscht, ganz ohne großes Aufsehen.
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