Jetzt löst Johnson das Versprechen ein. Ab 2021 dürfen keine ungelernten Arbeitskräfte mehr einwandern, sondern nur mehr Personen, die neben einer vorzeigbaren Ausbildung auch gute Englischkenntnisse und eine fixe Jobzusage mit einem Mindestgehalt von 25.600 Pfund jährlich (etwa 31.000 Euro) haben. Wer zusätzlich einen Doktortitel – vorzugsweise in Naturwissenschaft oder Technik – und ein Joboffert in einer nachgefragten Branche hat, bekommt Bonuspunkte. Bewertet werden Immigrationswillige nämlich über ein Punktesystem, das an das australische Modell angelehnt ist.
Ob der Fokus auf die „Klügsten und die Besten“, wie die Regierung den Plan nennt, auch der Wirtschaft dient, ist fraglich. Denn der viel zitierte Installateur aus Polen, der im Brexit-Wahlkampf oft das Schreckgespenst abgeben musste, hat künftig überhaupt keine Möglichkeit, legal ins Land zu kommen. Dabei sind „Billigarbeiter“ wie er aber in vielen Branchen, die mit ungelernten Arbeitskräften ihr Geld verdienen, schon jetzt unverzichtbar.
Diese Kritik kommt nicht nur von Gewerkschaften, sondern auch von Industrie und Unternehmerverbänden. „Für den sozialen Sektor wird das ein großer Schlag“, analysiert Jonathan Portes, Wirtschaftsprofessor am King’s College in London. Auch die Nahrungsmittelbranche und das Baugewerbe hätten künftig massiv zu kämpfen.
Problematisch für diese Sektoren sei vor allem die geforderte Gehaltsuntergrenze von 25.600 Pfund: „Bei uns sind die Mitarbeiter gut ausgebildet, aber verdienen sehr wenig“, sagt etwa Mike Padgham, Leiter eines Demenzheimes in York, in einem Interview mit dem Independent. „Nur wenige meiner Leute erreichen das Gehaltsniveau, das die Regierung verlangt.“ Würden die Neuregelungen so umgesetzt wie geplant, würde sich die Arbeitskräftekrise in der Sozialbranche deutlich verschlimmern, sagt er.
Damit es nicht zu einem „absoluten Desaster“ für die Branchen kommt, wie die größte Gewerkschaft Unison befürchtet, hat man auch ein Rezept. Patel meinte, „die acht Millionen Menschen, die ökonomisch inaktiv sind“ – also die Arbeitslosen – sollten diese Jobs übernehmen.
"Absolut lächerlich"
Das ist eine Aussage, die angesichts der historisch niedrigen Arbeitslosenrate von 3,8 Prozent auf Irritationen stößt. „Absolut lächerlich“, nannte die Scottish National Party den Vorschlag, Briten statt Ausländern in jenen Branchen einzusetzen; Labour unterstellte der Innenministerin „Ahnungslosigkeit.“ Schließlich müssten dann die Gehälter in den Branchen, in denen die bald ausgesperrten „Billigarbeiter“ tätig sind, angehoben werden – derzeit sind sie so schlecht, dass kaum ein Brite sich dafür interessiere.
Sehen kann man das am Beispiel von Pret a Manger, einer Fast-Food-Kette. Die beklagte kürzlich, dass sich unter 50 Bewerbern nur ein Brite befunden habe. Die offenen Stellen nur mit Einheimischen zu füllen? Sei nahezu unmöglich, hieß es von dort.
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