Einfach wird es nicht
Davon soll die Welt an diesem Montag nichts spüren. Jeder schaut auf ihn, das weiß er; alle warten, ob er den Kanzler so anlegt wie den Wahlkämpfer, der gerade noch auf „grüne und linke Spinner“ schimpfte. Doch auf markige Ansagen wartet man lange, für die ist die Zeit noch nicht gekommen. Trump, die Ukraine, der Schulterschluss mit Putin? Merz sagt, er „sei besorgt über das, was er aus Washington höre“, aber: „Ich glaube nicht, dass das das letzte Wort ist.“
Auch mit der SPD geht er vorsichtig um. Das gehört sich, vor der Wahl ist nicht nach der Wahl; aber die Vorsicht in Richtung Genossen ist auffallend. Er werde nur mit der SPD reden, die Grünen als potenzielle Dritte erwähnt er gar nicht. Auch hier merkt man Merz an: Er hat Demut vor dem Amt, vor der Aufgabe. Er macht sie zum ersten Mal, er weiß, dass er sie gut machen muss. Richtig gut.
Einfach wird er es in Zukunft ohnehin nicht haben. Schwierig macht jetzt, dass er – obwohl er noch nicht mal angelobt ist – gleich den Kanzler geben muss: Am Montag flogen Emmanuel Macron und Keir Starmer nach Washington, Merz war schon in die Vorbereitungen eingebunden. Technisch ist er aber auf Olaf Scholz angewiesen, der zumindest die nächsten Wochen noch im Amt bleibt: Er muss, wie Angela Merkel das bei ihm selbst gemacht hat, Merz in das Amt einführen.
Scholz wird das geräuschlos machen, da sind sich Beobachter einig, Merz und Scholz können miteinander. Doch dass der CDU-Chef, bis er gewählt ist, mit ihm im trauten Doppelpack auftritt, ist beim Alphatier Merz schwer vorstellbar.
Hoffnung auf Pistorius
Schwieriger wird es bei den Koalitionsgesprächen. Die wird Scholz nicht führen, das wollen weitaus ideologischeren Parteichefs machen.
Allerdings sind Lars Klingbeil und Saskia Esken angezählt, sie sind schließlich die Architekten dieser Niederlage, schimpfen schon die Jusos. Kracht es bei der SPD, droht die Koalitionsbildung zu einer zähen Angelegenheit zu werden.
Daran hängt auch Merz’ Wahl zum Kanzler – ein langes Machtvakuum kann sich Deutschland gerade nicht leisten.
In der Union sind die Hoffnungen darum groß, dass sich in der SPD die Pragmatiker durchsetzen, etwa Noch-Verteidigungsminister Boris Pistorius. Mit ihm wäre es auch in puncto Migration leichter als mit Esken und Klingbeil – oder dem immer mäandernden Olaf Scholz.
Untätig bleiben will Merz in dieser Phase aber nicht, das sagt er am Montag mehrfach. Er will die nächsten vier Wochen dazu nützen, um der Bundeswehr mit einer Reform der Schuldenbremse schnell mehr Geld zu verschaffen. Möglich ist das mit der alten Zusammensetzung des Bundestags; formiert sich im März das neue Parlament, haben Linke und AfD eine Sperrminorität – und würden das blockieren.
Dass Merz das am ersten Tag wagt, sagt viel: Er hat wohl verstanden, dass er nicht damit warten kann, Signale nach Brüssel und über den Atlantik zu senden.
Ein Basta ist das noch nicht. Aber das kann ja noch kommen.
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