"Die Diplomatie dem Militär geopfert"
Entsprechend frustriert zeigt sich der Außenminister, der ja auch seit Jahren die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm leitet, über die eigene Machtlosigkeit. Er habe "null Einfluss auf die Außenpolitik", Entscheidungen würden vom Revolutionsführer oder den Garden getroffen, die iranische Außenpolitik wird demnach nicht von seinem Ministerium, sondern von den Revolutionsgarden kontrolliert. "In der Islamischen Republik herrscht das Militär", sagt Zarif: "Ich habe die Diplomatie dem Militär geopfert, anstatt dass das Militär der Diplomatie dient." Zarif übt in den Aufnahmen auch Kritik am verstorbenen Führer der Revolutionsgarden, Qassem Soleimani. Soleimani war im Jänner 2020 durch einen US-Luftangriff in der Nähe des internationalen Flughafens von Bagdad getötet worden. Seitdem hat er als Märtyrer einen Legendenstatus im Iran. Kritik an ihm ist daher besonders heikel.
Heikler Zeitpunkt
Die Aufnahmen tauchen zu einem für den Iran besondes heiklen Zeitpunkt auf. In Wien verhandeln Zarifs Vertraute erneut über das vom ehemaligen US-Präsidenten Trump ja aufgekündigte Atomabkommen. Im Land selbst stehen für den Sommer Präsidentschaftswahlen an, falls die wegen der im Iran besonders verheerenden Corana-Pandemie nicht verschoben werden. Bei diesen Wahlen können die religiösen Hardliner, die auf einen härteren Kurs gegenüber dem Westen drängen, auf einen Erfolg hoffen. Die von der Pandemie, der chronischen Wirtschaftskrise und den Sanktionen des Westens besonders hart getroffene ärmere Bevölkerung des Landes wendet sich in Krisen wie diesen seit jeher den religiösen Hardlinern und ihren sozialen Versprechen zu. Zarifs Ärger zeigt auch, wie bedroht und in der Defensive sich derzeit die Moderaten im Iran sehen.
"Man will das Volk spalten"
Entsprechend empört zeigt sich auch der moderate Staatspräsident Hassan Rouhani: „Jeden Tag werden haarsträubende Geschichte aufgetischt, um Land und Volk zu spalten.“ Der Geheimdienst müsse daher umgehend die Verantwortlichen identifizieren „und mit ihnen konsequent und ohne Erbarmen“ umgehen, sagte Rouhani laut dem Webportal des Präsidialamts.
Das Band soll von „internen Kreisen“ gestohlen worden sein. Rouhani spricht von Hochverrat, weil beide Sender von „Feinden“ des Irans finanziert würden und im Land verboten seien. Für Rouhani steht jedenfalls fest, wer das Band an die Öffentlichkeit gebracht hat: Die Hardliner würden versuchen, den Außenminister und damit die Regierung als Feinde des Iran darzustellen: „Ich verstehe nicht, warum ein Wahlkampf für manche wichtiger ist als nationale Interessen und das Wohl des Volkes.“
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