„Brexit wie Blechschaden“: teuer und unnötig

„Brexit wie Blechschaden“: teuer und unnötig
Weitreichende Folgen für heimische Unternehmen und britische Wirtschaft

Als Österreichs Wirtschaftsdelegierter in London beobachtet Christian Kesberg die Brexit-Entwicklungen ganz genau. Der KURIER sprach mit ihm über...

..die EU-Austrittsauswirkungen auf österreichische Betriebe in Großbritannien Die Unternehmen bereiten sich pragmatisch auf das Worst-Case-Szenario vor, aber es bleibt eine Gleichung mit zwei Unbekannten: Wir wissen weder wann noch was passieren wird. Größer als die Angst vor den Zöllen ist die vor dem Zollverfahren, der Verlängerung der Lieferzeiten, der bürokratischen Hürden und der verschütteten Problemstellungen wie etwa bei den Ursprungsregelungen. Das sind die wirklichen Hürden.

...Mehrkosten Jeder weiß, dass der Brexit das Geschäft mit Großbritannien schwieriger und teurer machen wird, aber nicht in einem traumatischen Ausmaß, sondern auf bewältigbare Art, vergleichbar mit einem Blechschaden: Der kostet Geld und ist unnötig. Hätte man doch vielleicht schauen sollen, ob der Beton-Pfeiler nicht im Weg steht.

...Auswirkungen auf die britische Wirtschaft Das Wachstum wird über ein Jahrzehnt zumindest abflachen. Ich glaube aber, dass man die volkswirtschaftlichen Folgen überschätzt, die sicherheits- und gesellschaftspolitischen Auswirkungen dagegen unterschätzt. Der Brexit zeigt, was passiert, wenn man die Einkommensungleichheit zu sehr schleifen lässt. Im Jahr 2004 lag der Anteil britischer Haushalte mit stagnierenden und fallenden Haushaltseinkommen bei fünf Prozent. 2014 waren es 69 Prozent. Die Briten sind also beim Brexit-Votum in Wahrheit nicht aus der Union ausgetreten, sie haben aber eine urbane Bildungselite abgewählt, die sie links liegen gelassen hat.

...den heutigen Regierungsgipfel Ich glaube, die werden dort draufkommen: Die Frau Premierminister hat kein Geld, keine Mehrheit und den Brexit um den Hals. Das bleibt auch so, wenn ein anderer Premierminister kommt (manche drängen auf Mays Abgang). Es gibt auch keine Mehrheit für einen ungeregelten Abgang im Unterhaus, selbst wenn Labour gespalten ist. Jetzt beginnen wenigstens die Gewerkschaften, massiven Druck zu machen. Und auch die Unternehmen kommen aus der Deckung. Ich hab bei meinen Gesprächen mit dem britischen Industrieverband gemeint: „Hättet ihr doch früher was gesagt! Aber ihr wolltet ja eure Kunden nicht vergraulen. Und jetzt ist es ein bisschen spät.“

- Robert Rotifer, London

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