Brexit: May muss sich am Abend Misstrauensvotum stellen

Premierministerin May zieht die Notbremse
Die Schwelle für die erforderliche Zahl an konservativen Abgeordneten sei erreicht worden.
  • Am Mittwoch Abend findet ein parteiinternes Misstrauensvotum der konservativen Partei gegen Theresa May statt.
  • May selbst glaubt, dass sich der Brexit stark verzögern würde, wenn sie die Abstimmung verliert.
  • Mays Gegner brauchen eine Mehrheit der 315 konservativen Abgeordneten, um die Premierministerin zu stürzen.
  • Österreichs Bundeskanzler Kurz spricht sich gegen ein Aufschnüren des Brexit-Abkommens aus.

Die britische Premierministerin Theresa May muss sich wegen ihres Brexit-Kurses noch an diesem Mittwochabend im Parlament einer Abstimmung über ihr Amt als Chefin der konservativen Regierungspartei stellen.

Sollte May die Misstrauensabstimmung verlieren, wäre auch ihr Posten als Premierministerin nicht mehr zu halten. Das Resultat des parteiinternen Misstrauensvotums wird am Mittwochabend um 22.00 Uhr MEZ bekannt gegeben. Das teilte der Vorsitzende des zuständigen Ausschusses der konservativen Partei (Tories), Graham Brady, mit. Die geheime Abstimmung findet zwischen 19.00 und 21.00 Uhr statt.

May will kämpfen

Doch die Premierministerin möchte kämpfen und sich dem Misstrauensantrag in ihrer konservativen Fraktion mit ganzer Kraft entgegenstellen. "Ich werde mich diesem Votum mit allem, was ich habe, entgegenstellen", sagte May am Mittwoch in London.

Theresa May Statement

Im Falle ihrer Niederlage rechnet sie wie auch Justizminister David Gauke mit einem verzögerten EU-Austritt Großbritanniens. Ein Nachfolger "hätte keine Zeit, um eine Rücktrittsvereinbarung neu auszuhandeln und die Gesetzgebung bis zum 29. März durch das Parlament zu bringen", sagte May. Daher müsste der Artikel 50, der den Brexit-Ausstiegsprozess regelt, verlängert oder aufgehoben werden.

Ein Führungswechsel wird ihrer Ansicht nach nichts an den Grundsätzen der Brexit-Verhandlungen und den schwierigen Mehrheitsverhältnissen im Parlament ändern. Die Wahl eines neuen Parteichefs würde "die Zukunft des Landes aufs Spiel setzen und Unsicherheit schaffen, wenn wir sie am wenigsten brauchen können", sagte May. Sie sprach zudem von Fortschritten bei den Verhandlungen mit EU-Spitzenvertretern am Dienstag. Ein Deal mit der EU sei erreichbar, sagt sie in London.

Entscheidenden Einfluss auf den Misstrauensantrag hatte der erzkonservative Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg. Er hatte der Premierministerin bereits kurz nach der Veröffentlichung des Brexit-Abkommens sein Misstrauen ausgesprochen. Ein erster Versuch, die für eine Abstimmung notwendigen 48 Misstrauensbriefe zusammenzubekommen, war aber gescheitert. Rees-Mogg steht einer Gruppe von rund 80 Brexit-Hardlinern in der Fraktion vor.

Unklar ist, ob die Rebellen May wirklich stürzen können. Sie brauchen dafür eine Mehrheit der 315 konservativen Abgeordneten. Eine Misstrauensabstimmung kann nur einmal pro Jahr stattfinden. Sollte May als Siegerin hervorgehen, wäre ihre Position zunächst gefestigt.

Parteivorsitz müsste neu besetzt werden

Ein erfolgreiches Misstrauensvotum gegen May würde hingegen bedeuten, dass der Parteivorsitz rasch neu besetzt werden muss. Gibt es nur einen Kandidaten, kann das sehr schnell gehen. Bewerben sich mehrere, gibt es mehrere Wahlgänge. Die Prozedur dauert mehrere Wochen.

Ausgelöst wurde der Putschversuch durch den Streit über das Brexit-Abkommen, das die Unterhändler Großbritanniens und der EU in Brüssel ausgehandelt haben. Die Brexit-Hardliner um Rees-Mogg fürchten, dass Großbritannien durch das Abkommen dauerhaft eng an die Europäische Union gebunden wird. Am 29. März soll das Land aus der Staatengemeinschaft ausscheiden.

Kurz gegen Aufschnüren des Deals

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) spricht sich indes weiterhin gegen ein Aufschnüren des Brexit-Abkommens aus. Der Kanzler reist heute noch nach Brüssel zum letzten Europäischen Rat dieses Jahres und dieser sei von der Brexit-Debatte überschattet. Als EU habe man eine klare Linie, demnach soll das ausverhandelte Abkommen für den Austritt Großbritanniens aus der EU nicht wieder aufgeschnürt werden. Möglich sei jedoch eine Diskussion über die künftige Beziehung und hierzu gebe von allen Seiten das gemeinsame Wollen, eine gute Lösung zustande zu bringen.

Die aktuelle Situation in Großbritannien vereinfach die Lage jedenfalls nicht. Man sei aber auf alle Szenarien vorbereitet, sagte Kurz. Klares Ziel sei weiterhin, einen "Hard Brexit" zu verhindern und den Austritt "in geordnetem Maße" stattfinden zu lassen.

Die Führungsdebatte innerhalb der konservativen Partei (Tories) laufe bereits seit einiger Zeit und dies mache die Vorbereitungen nicht einfacher, gab der Bundeskanzler zu bedenken. Er trifft heute auch mit EU-Ratschef Donald Tusk zusammen, um das Vorgehen und die gemeinsame europäische Linie zu beraten.

May auf Tour zur Rettung des Brexit-Abkommens

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