Brexit reloaded: Johnson und die EU wieder auf Konfrontationskurs

Brexit reloaded: Johnson und die EU wieder auf Konfrontationskurs
Der britische Premier will das Nordirland-Protokoll aushebeln - und nennt das "bürokratische Vereinfachungen". Für Irland ist das ein offener Rechtsbruch, für Brüssel ein großes Problem.

Das Brexit-Drama ohne Ende: Schon seit Monaten droht die britische Regierung in London mit einem Alleingang in Sachen Nordirland - macht sie die Drohung wahr, könnte das in einen Handelskrieg mit der EU münden.

Schon während der Brexit-Verhandlungen war Nordirland der größte Knackpunkt. Die Grenze zwischen dem britisch verwalteten Nordirland und der Republik Irland ist die einzige Landgrenze zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Die Öffnung der inneririschen Grenze bildet aber auch die Grundlage für den Frieden in der Region.

Mit dem Brexit trat die Grenze wieder in den Blickpunkt - die EU schloss von Anfang an eine erneute Einführung von Grenzkontrollen innerhalb Irlands aus. Die Lösung, zu der sich auch London nach jahrelangem Hickhack bereiterklärte: Nordirland blieb nach dem Brexit im Binnenmarkt der EU und wird seitdem zolltechnisch weiter so behandelt, als sei es Teil der Europäischen Zollunion. Die Folge: Einige Waren, die von Großbritannien nach Nordirland befördert werden, unterliegen nun Kontrollen.

"Triviale Änderungen"

Das will Johnson nun ändern. Großbritanniens Premierminister stellt das aber aös verwaltungstechnische Formsache dar: "Wir versuchen nur einige bürokratische Vereinfachungen zwischen Großbritannien und Nordirland zu erreichen", sagte Johnson dem Radiosender LBC. Der irische Außenminister Simon Coveney sprach am Montag dagegen offen von "Rechtsbruch".

Es handle sich um eine Reihe "relativ trivialer Änderungen", erklärte Johnson, womit er sich den Zorn von Kritikern zuzieht, die das Vorhaben als Bruch internationalen Rechts gebrandmarkt haben. Diesen Montag wollte Außenministerin Liz Truss einen Gesetzentwurf für das im Zuge des Brexit ausgehandelte Abkommen vorlegen, was das Risiko eines Handelskriegs mit der EU erhöhen dürfte.

Truss forderte von der EU erneut die Bereitschaft zur Überarbeitung des Nordirland-Protokolls: "Unsere Präferenz ist eine Verhandlungslösung, aber die EU muss eine Änderung des Protokolls selbst wollen", schrieb die Ministerin auf Twitter. Sie habe mit EU-Vizekommissionspräsident Maros Sefcovic über die geplante Gesetzesvorlage gesprochen. Mit der Initiative sollten die "Probleme mit Nordirland behoben und politische Stabilität wiederhergestellt" werden. Die britische Regierung hat das Nordirland-Protokoll selbst im Rahmen des EU-Austritts ausgehandelt, es inzwischen aber für nicht praktikabel erklärt.

Lieferprobleme

Die Vereinbarung sieht für Nordirland besondere Zollregeln vor, um die aus historischen Gründen sensible Grenze zwischen der britischen Provinz und dem EU-Staat Irland offen zu halten. Durch die Übereinkunft ist aber de facto eine Zollgrenze in der Irischen See entstanden, die Nordirland vom Rest des Vereinigten Königreichs trennt. Das führte unter anderem zu Lieferproblemen und auch insgesamt zu großem Unmut in Großbritannien. Das Thema hatte zuletzt neue Brisanz bekommen, weil bei der Parlamentswahl in Nordirland erstmals die katholisch-nationalistische Partei Sinn Fein stärkste Kraft wurde. Sie verfolgt das Ziel einer Abspaltung von Großbritannien und einer Vereinigung mit Irland. Sinn Fein warf der britischen Regierung am Sonntag mit Blick auf die geplanten Änderungen Gesetzesbruch vor.

Der irische Außenminister ließ nach einem Telefongespräch mit Truss durch seinen Sprecher ausrichten, die von London geplante Gesetzesvorlage breche internationales Recht und sei ein besonderer Tiefpunkt der britischen Herangehensweise an den Brexit. "Dieses Gesetz ist weit davon entfernt, Probleme zu lösen, sondern wird eine ganze Reihe neuer Unsicherheiten auslösen und Schaden anrichten."

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