Brexit fordert radikalen EU-Umbau

Juncker und Briten-Premierministerin Theresa May
Der EU-Kommissionspräsident plädiert für ein Kerneuropa.

Der geplante Austritt Großbritanniens verlangt vom Rest der EU tiefgreifende Reformen, um das völlige Auseinanderbrechen zu verhindern. Die verbleibenden Mitgliedsländer und neue Interessenten werden künftig nicht mehr alle Wege gemeinsam gehen, sie werden auch nicht mit gleichem Tempo unterwegs sein.

Das neue Modell heißt "Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten", das Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Bundeskanzlerin Angela Merkel verfolgen. Den Kern wird eine Gruppe von Staaten bilden, die enger zusammenarbeiten und rascher vorangehen werden.

Bereits vergangenen Dezember hat Juncker in einer Rede dieses Konzept vorgestellt: "Es muss ein Orbit für all jene Staaten geschaffen werden, die nicht in allen Bereichen so eng zusammenarbeiten wollen wie andere. Europa muss sich an die heutige Welt anpassen."

Donnerstagabend bekräftigte Juncker nach einem Treffen mit Merkel seine Pläne. Er will sie im Detail vor dem Festakt "60 Jahre Römische Verträge" am 25. März in Italiens Hauptstadt präsentieren. Eines steht fest: Es handelt sich um "ein Gebilde, das einen Kern und verschiedene Kreise hat. Wenn sich nicht alle einig sind, gehen eben ein paar Wildentschlossene alleine voran", sagte Juncker.

So einen Kern könnten die 19 Euro-Länder bilden. Die Euro-Zone würde dann einen gemeinsamen Finanzminister und ein gemeinsames Budget bekommen und ihre Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik harmonisieren. Gedacht ist auch an einen Europäischen Währungsfonds, der Krisenländern hilft. In Brüssel ist auch von Eurobonds-light die Rede. Eurobonds sind gemeinsame Staatsanleihen aller Staaten der Euro-Zone. Von Deutschland wird das aber strikt abgelehnt.

Nachgedacht wird auch über eine stärker verzahnte Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie eine gemeinsame Asylpolitik.

Das Konzept könnte aber auch nur ein Andocken an den Binnenmarkt beinhalten. Das wäre ein Anreiz für Großbritannien, eines Tages auch für die Türkei, die Ukraine oder Georgien.

Kern-Österreich?

Wo Österreich seinen Platz in diesem Europa der konzentrischen Kreise einnehmen will, hat die Bundesregierung in Wien offiziell noch nicht bekannt gegeben.

Der Klubchef der SPÖ, Andreas Schieder, betonte gegenüber dem KURIER, dass "Österreich selbstverständlich zu Kerneuropa gehört. Kerneuropa ist eine Alternative zu einem Europa der Blockierer, der Bremser und der Rosinenpicker".

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