Lula wurde als siebentes von acht Kindern im verarmten Nordosten Brasiliens geboren, wuchs in der Industriestadt São Paulo auf. Der Vater verließ die Familie früh; Lula musste als Siebenjähriger gemeinsam mit seinen Geschwistern als Schuhputzer arbeiten, um über die Runden zu kommen.
Mit 15 Jahren brach er die Schule ab, um in einer Metallfabrik anzufangen. Dort verlor Lula bei einem Unfall einen kleinen Finger in den Zahnrädern einer Maschine. Seine linke Hand wird von seinen Anhängern noch heute als Zeichen dafür gewertet, dass Lula die Leiden der Arbeiterschicht am eigenen Leib erfahren musste.
Während der Militärdiktatur in Brasilien in den Siebzigerjahren stieg Lula zum Vorstand der Metallergewerkschaft auf. Als er 1980 Streiks in mehreren Großstädten organisierte, wurde er für 31 Tage inhaftiert.
Im Gefängnis soll Lulas Entscheidung gefallen sein, in die Politik zu gehen. Er gründete gemeinsam mit anderen Gewerkschaftern die Partei der Arbeiter (PT) und zog sechs Jahre später, nach dem Ende der Diktatur, in das Parlament ein.
Sieg mit Anzug und Krawatte
Seit 1989 trat Lula für seine PT bei jeder Präsidentenwahl an. Erst 2002, als er erstmals mit Anzug und Krawatte auftrat, gelangte er in die Stichwahl – und gewann umgehend. Oberstes Ziel seiner ersten Präsidentschaft war die Bekämpfung von Armut und Hunger. Damit hatte Lula großen Erfolg.
Innerhalb von vier Jahren verringerte sich der Prozentsatz jener, die in Brasilien unterhalb der Armutsgrenze lebten, von 40 auf 20 Prozent. Als „Held der Favelas“ bezeichnet, war sich Lula damit auf Jahre hinaus der Unterstützung der armen Bevölkerung im Norden und Nordosten Brasiliens sicher. Das sicherte ihm 2006 seine deutliche Wiederwahl.
Obwohl sich viele Industrielle zuvor offen vor einem linken Präsidenten gefürchtet hatten, erlebte Brasilien unter Lula einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufstieg. Das Land wurde zur achtgrößten Volkswirtschaft der Welt und zur mit Abstand größten Lateinamerikas.
Korruptionsskandal
Nach seiner zweiten Amtszeit folgte der Knick in Lulas Karriere. Von 2011 an arbeitete die brasilianische Justiz intensiv an der Aufarbeitung eines Korruptionsskandals. Der schwerste Vorwurf: Als Präsident soll Lula dem brasilianischen Bauriesen Odebrecht lukrative Aufträge im In- und Ausland verschafft haben. Als Gegenleistung soll der Konzern unter anderem kostenlose Bauarbeiten in dessen Appartement im Wert von mehr als 1,1 Millionen US-Dollar durchgeführt haben.
Lula bestreitet das und sprach stets von einem politisch motivierten Verfahren, das ihn daran hindern sollte, erneut als Präsident kandidieren zu können.
Am 12. Juli 2017 sprach Bundesrichter Sergio Moro sein Urteil: Zwölf Jahre Haft für Lula, den er der Korruption und Bestechung für schuldig befand. Der Ex-Präsident musste ins Gefängnis, ein Jahr später siegte der Rechtsextreme Jair Bolsonaro bei den Präsidentschaftswahlen – und ernannte Moro zum Justizminister.
"Nur noch Liebe"
2019 veröffentlichte das US-Medium The Intercept von Moro verschickte Textnachrichten, die belegen sollen, dass sich der Richter mit Vertrauten Bolsonaros abgesprochen habe, um Lulas Kandidatur bei den Wahlen 2018 zu verhindern. Moro blieb zwar Justizminister, der Oberste Gerichtshof erklärte ihn aber für befangen und hob das Urteil auf.
Als Lula am 7. November 2019 nach mehr als zwei Jahren das Gefängnis in Curitiba verließ, sagte er vor einer jubelnden Menge: „Ich gehe ohne Hass. Mit 74 Jahren ist in meinem Herzen nur noch Platz für die Liebe, denn sie wird in diesem Land siegen.“
Auch an dieser Aussage wird seine dritte Präsidentschaft wohl gemessen werden.
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