Johnson hatte am Sonntag mit Blick auf die Omikron-Mutation angekündigt, das Impftempo deutlich zu erhöhen und allen Erwachsenen in England schon bis Jahresende - statt bis Ende Jänner - einen Booster anzubieten. Lange Schlangen vor Apotheken und Impfzentren waren am Montag die Folge.
"Partygate" geht weiter
Johnsons Versprechen klang fast wie ein Versuch, an frühere Phasen der Impfkampagne zu erinnern, als er einen Höhenflug genoss. Dieser Tage ist er im Sturzflug, auch wegen "Partygate", den Berichten über mehrere angebliche Lockdown-Partys von Johnson und Mitarbeitern Ende 2020.
Viele Briten sind empört, dass Teile der Regierung womöglich die eigenen Regeln brachen. 57 Prozent meinen laut einer Opinium-Umfrage, Johnson solle zurücktreten; die oppositionelle Labour-Partei hat mit 41 zu 32 Prozent ihren seit 2014 größten von diesem Institut erhobenen Vorsprung.
Johnsons "Albtraum vor Weihnachten", so die Medien, ging auch am Wochenende weiter. Der Mirror veröffentlichte ein Foto von einem Weihnachtsquiz im Lockdown im Dezember 2020. Es zeigt Johnson in seinem Amtssitz, flankiert von zwei Kollegen, der eine mit Girlande um den Hals, die andere mit Weihnachtsmütze.
„Ich habe definitiv keine Regeln gebrochen“, kommentierte Johnson das Foto am Montag gegenüber Journalisten. Ein Sprecher hatte bereits zuvor gesagt, der Premier habe nur kurz an dem digitalen Quiz teilgenommen.
Aber auch diese Episode wird jetzt, so wie andere Zusammenkünfte, von Johnsons Kabinettssekretär Simon Case, dem Ex-Privatsekretär von Prinz William, untersucht. Sein Bericht soll noch diese Woche erscheinen.
"Alles-oder-nichts-Woche"
Schon am Dienstag droht Johnson ein blaues Auge. Da entscheidet das Unterhaus in mehreren Abstimmungen über seine verschärften Corona-Maßnahmen für England. Vor allem beim Thema Covid-Nachweise wird erwartet, dass eine Rekordzahl an Tory-Mandataren rebelliert, auch wenn die Restriktionen dank Labour durchkommen sollten.
Wie ein Referendum über Johnson, als dessen größte Stärke viele bisher seinen Erfolg bei Wahlen sehen, findet dann am Donnerstag eine Nachwahl für den Unterhaus-Sitz im traditionell den Tories treuen Wahlkreis North Shropshire statt. "Ich kann nicht für den verantwortlichen Scharlatan stimmen", sagte dort etwa die lebenslange Tory-Wählerin Pearl, 77, laut Telegraph. Sollte die Partei verlieren, drohen Hinterbänkler mit Misstrauensbriefen gegen den Premier.
Der Daily Express spricht bereits von einer "Alles-oder-nichts-Woche" für Johnson.
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