Neue Boots-Tragödie: Verschleppt Italien Rettungsaktionen im Mittelmeer?

Von 47 Menschen konnten nur 17 gerettet werden
Regierung von Premierministerin Meloni kontert nach Unglück mit vermutlich 30 Toten schwerwiegende Vorwürfe von NGO und Opposition.

Zwei Wochen nach dem verheerenden Schiffsunglück vor der kalabrischen Küste mit 79 Toten ist es am Wochenende im Mittelmeer erneut zu einer Tragödie gekommen. Stürmische See brachte in der Nacht auf Sonntag in libyschem Gewässer ein Boot mit 47 Migranten in Seenot.

17 Menschen konnten von einem herbeigerufenen Frachter gerettet werden, der Rest galt am Montag als verschollen.

"Migranten sterben lassen"

Wie schon beim Unglück in Kalabrien, bei dem ein mögliches Fehlverhalten der italienischen Behörden derzeit untersucht wird, beschuldigten Hilfsorganisationen auch diesmal die italienische Regierung, den Rettungseinsatz bewusst verzögert zu haben.

„Die Behörden haben die Migranten sterben lassen“, hieß es in einer Stellungnahme von Alarm Phone, einer der in die Rettungsaktion involvierten NGO.

Der Frachter Froland hatte die Rettungsanweisung von der Seenotrettungsstelle in Rom erst bekommen, nachdem trotz Meldungen von Alarm Phone und der NGO Seawatch weder die libysche Küstenwache, die eigentlich zuständig gewesen wäre, noch die maltesische etwas unternommen hatte.

„Die Rettungsaktion ist im außerterritorialen ,Search and Rescue‘-Gebiet erfolgt“, verteidigte sich die italienische Küstenwache. „Keine andere für das Gebiet zuständige nationale Koordinations- und Seenotrettungsbehörde hat darauf reagiert.“

Kritik an der Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni kam auch von der italienischen Opposition. Die frisch ernannte Vorsitzende der Demokratischen Partei, Elly Schlein, drückte sich allerdings diplomatischer aus als Alarm Phone und sprach von einer „Schande für Italien und Europa“.

Retourkutsche?

Außenminister Antonio Tajani versucht nun, die Wellen zu glätten. „Man sollte solche Tragödien nicht instrumentalisieren“, mahnte er.

Aus Regierungskreisen hieß es, dass die seit einigen Tagen gestiegenen Ankünfte von Migranten an Italiens Küsten eine Retourkutsche der Schlepper sein könnten. Italien hatte erst vorige Woche härtere Strafmaßnahmen gegen die Kriminellen verabschiedet. Sollten Menschen bei der Überfahrt ums Leben kommen, drohen Schleppern künftig bis zu 30 Jahre Haft.