Bilderberg-Treffen startet: Vier Österreicher dabei

Verschwiegenheit schafft Vertrauen - und gibt Raum für Spekulationen. Jedes Jahr treffen sich Mächtige dieser Welt, um streng abgeschirmt bei der Bilderberg-Konferenz über dies und jenes zu beraten. Auch vier Österreicher stehen auf der Teilnehmerliste. Immer dabei: Die Angst vor der geheimen Weltregierung.

So abgeschieden wie so oft in den vergangenen sechs Jahrzehnten kommen die Bilderberger diesmal nicht zusammen. Das 65. Treffen der Mächtigen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien findet ab Donnerstag in Chantilly im US-Staat Virginia statt. Bis Sonntag werden 130 Teilnehmer aus 21 Ländern über das Weltgeschehen und die Stärkung der transatlantischen Beziehungen beraten, darunter US-Senator Lindsey Graham (Republikaner), Ex-US-Außenminister Henry Kissinger, Ex-CIA-Chef David Petraeus, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, IWF-Direktorin Christine Lagarde, der frühere Weltbank-Direkter Robert Zoellick, der frühere britische Schatzkanzler George Osborne, der ehemalige polnische Außenminister Radoslaw Sikorski, der Schweizer Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (Bundespräsident 2016), der nun für die US-Investmentbank Goldman Sachs tätige Ex-EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sowie Willem-Alexander, König der Niederlande, und Ömer Koc, Leiter der türkischen Koc Holding.

Vier Österreicher dabei

Bei den vier Österreichern, die dabei sind, handelt es sich um...

... der dem Bilderberg Lenkungsrat enghörende Ex-Kulturminister und Ex-Generaldirektor der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB), Rudolf Scholten.

Bilderberg-Treffen startet: Vier Österreicher dabei
ABD0166_20160226 - WIEN - ÖSTERREICH: Kontrollbank-Generaldirektor Rudolf Scholten am Freitag, 26. Februar 2016, anl. einer Sitzung des Hypo-Untersuchungsausschusses im Parlament in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER

... den früheren ORF-Generalintendant und RTL-CEO Gerhard Zeiler, der heute Präsident eines Teils des Time Warner-Konzerns ist und im Vorjahr für die Nachfolge von SPÖ-Kanzler Werner Faymann im Gespräch war.

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Gerhard Zeiler 12.11.2015, Wien, Gutruf, Ehrung und Geburtstag

... den aus Tirol stammende Immobilientycoon Rene Benko.

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Rene Benko, Raiffeisen Business Lunch,

... den in Linz geborene Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Paul Achleitner.

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Paul Achleitner, Chairman of the board of German company Deutsche Bank addresses the audience during the company's annual shareholder meeting in Frankfurt, Germany, on May 18, 2017. / AFP PHOTO / Daniel ROLAND

Die Themen, die in Chantilly diskutiert werden sollen, reichen laut Ankündigung von einer Bestandsaufnahme der bisherigen Arbeit der neuen US-Regierung unter Präsident Donald Trump, der Entwicklung der EU und des transatlantischen Verteidigungsbündnisses über Russland im internationalen Gefüge, China und Nahost bis hin zu Fragen wie „Kann die Globalisierung verlangsamt werden“ oder „Warum wächst der Populismus?“. Doch wie immer wird auch in Chantilly am Ende nichts nach draußen dringen.

Proteste

„Je weniger über bestimmte Ereignisse kommuniziert wird oder Informationen darüber vorliegen, desto mehr neigen die Menschen dazu anzunehmen, dass es da um irgendetwas Geheimes geht, was sie nicht wissen sollen“, sagt Eva Kimminich im vergangenen Jahr. Die 60-Jährige Professorin lehrt Kulturwissenschaften an der Universität Potsdam und beschäftigt sich mit dem Entstehen von Verschwörungstheorien, die derzeit Konjunktur haben. „Und bei dieser hier geht es ja darum, dass ein paar Mächtige über die weitere Zukunft entscheiden.“ Gegen das Treffen protestiert wird jedes Jahr - die Demonstranten kommen dabei aus allen politischen Spektren. „Den Bilderbergern wird unterstellt, dass sie die Weltherrschaft antreten wollen. Und das geht natürlich gegen ein völkisch-nationales Bild, das gerade die rechten Gruppierungen vertreten, die ja auch der US-Regierung vorwerfen, die Weltregierung übernehmen zu wollen“, sagt Kimminich.

Bilderberg-Treffen startet: Vier Österreicher dabei
Protesters hold banners and flags during a demonstration against Bilderberg meeting in the Austrian village of Telfs, June 13, 2015. According to police about 500 protesters attended the protest against the annual meeting by politicians, industry leaders, royalty and media, designed to foster dialogue between Europe and North America. However, its closed-door and off-the-record policy is not appreciated by transparency campaigners. REUTERS/Leonhard Foeger

Erstes Treffen 1954

Schon seit ihrem ersten Treffen 1954 im Bilderberg-Hotel des damaligen Prinzgemahls der niederländischen Königin wird die Konferenz nach der sogenannten „Chatham House Rule“ abgehalten. Sie gestattet Teilnehmern zwar, die erhaltenen Informationen zu verwenden. Aber weder Identität noch Zugehörigkeit der Redner oder anderer Teilnehmer dürfen preisgegeben werden. Veröffentlicht wird außer einer Teilnehmer- und einer Themenliste nichts. Das schafft Raum für Spekulationen.

„Es ist eine informelle Gruppe, die über verschiedene Themen spricht und die Diskussion hinter verschlossenen Türen führt, um die Gespräche zu erleichtern“, sagt Henri de Castries, Chef des Axa-Versicherungskonzerns und Vorsitzender des Lenkungsausschusses der Bilderberger im vergangenen Jahr. Dass es sich bei den Konferenzteilnehmern um eine Machtelite handelt, sei nicht relevant. „Es ist kein Parlament, keine operative Organisation.“ Schließlich würden auch keine Entscheidungen getroffen. „Warum sollten diese Menschen nicht das gleiche Recht auf Privatsphäre haben wie jeder normale Bürger?“

Verschwiegenheitsklausel

Einer, der schon mal dabei war und aus seiner Partei dafür auch Schelte bezog, ist Jürgen Trittin. 2012 war er Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag. „Von der Diskussionskultur ist das eigentlich mit jeder Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung oder der Konrad-Adenauer-Stiftung oder der Münchner Sicherheitskonferenz zu vergleichen“, erzählt er. Und in der Verschwiegenheitsklausel kann der Alt-Grüne durchaus auch Positives erkennen. „Denn es macht Sinn, gelegentlich mal in einem solchen Rahmen zu reden.“ Auch bei anderen internationalen Konferenzen gebe es solche Gespräche.

„Es wird dort genauso viel oder eher weniger Weltpolitik gemacht als bei der Münchner Sicherheitskonferenz oder beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos und mit Sicherheit weniger Weltpolitik gemacht als beim G20-Treffen der Staats- und Regierungschefs“. Trittin sieht bei der Mythenbildung auch einen Zusammenhang mit der Entstehung der Konferenz. „Bilderberg hat seine Tradition schon aus der Zeit des Kalten Krieges.“ Die Konferenz-Lenker hätten auch viel selbst dazu beigetragen, „weil sie lange Zeit doch noch viel abgeschlossener als heute miteinander getagt haben“.

Transparenz

Mehr Transparenz würde seiner Ansicht nach dabei helfen, das „Märchen“ von der Weltregierung zu beenden. „Es ist ein Märchen, denn wenn es die Weltregierung wäre, dann wäre die Welt eine Monarchie, denn es ist immer der König - früher war es die Königin - der Niederlande dabei. Und dann würde es heißen “Willem Alexander rules the world„. Das ist ungefähr so zutreffend wie die berüchtigten Chemtrails, die angeblich im Auftrag der Bilderberg-Konferenz über Europa versprüht werden.“ Verschwörungstheoretiker vermuten in den Kondensstreifen der Flugzeuge am Himmel eine gezielte Strategie zur Beeinflussung der Bevölkerung mit Hilfe von Chemikalien.

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