Bilanz zur Auslandsreise: Eine Woche mit The Donald
Hinter Donald Trump liegt eine wirklich historische Woche, mit großartigen Gesprächen und großen Fortschritten. Sagt jedenfalls Donald Trump.
Bei den NATO-Partnern und in der Runde der sieben wichtigsten westlichen Industrienationen ist man da – gelinde gesagt – nicht ganz so euphorisiert.
Schon der Auftritt beim NATO-Gipfel am Donnerstag musste etwa Emmanuel Macron und insbesondere Angela Merkel mit Kopfweh zurücklassen. Dabei war das erste NATO-Treffen mit Donald Trump eigentlich als großes Versöhnungstreffen geplant gewesen, nachdem er seinen Wahlkampfsager, wonach das Verteidigungsbündnis "obsolet" sei, ja schon im April zurückgenommen hatte. Aber nichts da. Stattdessen las Trump den NATO-Partnern einmal mehr die Leviten. Die sollten endlich die zwei Prozent (und am liebsten noch mehr) der jeweiligen Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben und – wir paraphrasieren jetzt – dem amerikanischen Steuerzahler nicht weiter auf der Tasche liegen. Was so freilich nicht stimmt, geht es doch um die nationalen Verteidigungsbudgets. Dass er seine Forderung nicht in „großartigen Gesprächen“ unter vier Augen Kund tat, sondern öffentlich bei einer Pressekonferenz, hielten NATO-Diplomaten aber nicht wirklich für einen „großen Fortschritt“. Im Gegenteil. Einigkeit sieht jedenfalls ganz offensichtlich anders aus.
Trumps nebenbei vorgebrachte Kritik an den deutschen Handelsüberschüssen – konkret ging’s um die viel zu vielen Autos, die die Deutschen in die USA verkaufen sollen – mag Emmanuel Macron im Prinzip zwar gefallen haben, war jedoch im Detail falsch. Der Marktanteil deutscher Autobauer in den USA liegt gerade einmal bei etwas mehr als 7 Prozent. Tendenz seit Jahren fallend. Aber egal. So ein Satz wie: „Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterlich. Wir werden das stoppen“, klingt eben einfach gut.
Keine Freundlichkeiten
Dass sich Trumps Kraftmeierei dann auch bei einem gemeinsamen Rundgang durch das neue NATO-Hauptgebäude zeigte, bei dem er den montenegrinischen Premierminister recht nonchalant einfach zur Seite schob, ist freilich eine Randbemerkung, passt aber ins Bild: Trump war nicht nach Europa gekommen, um Freundlichkeiten auszutauschen. „America First“, das Motto aus dem Wahlkampf, gilt für Trump auch heute noch (mehr von solchen ungeschmeidigen Fehltritte finden Sie hier gesammelt).
Beim G7-Gipfel – das zweite große Gesprächsforum des Westens, das die vergangenen zwei Tage im sizilianischen Taormina stattfand - wurde aus Trumps „America first“ dann aber „Lonely America“. Donald Trump wollte als einziger der G7-Staatschefs partout nicht garantieren, das Klimaabkommen von Paris einzuhalten. Für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel war das alles "sehr unzufriedenstellend" – eine Wortmeldung, die durchaus überrascht, ist Merkel mit öffentlicher Kritik doch sonst sehr sparsam. Und auch als es beim Themenkomplex Flüchtlingskrise um eine „geordnete Zuwanderung“ und Entwicklungshilfen gehen sollte, wollte Trump nicht mitmachen. Er redete dafür lieber über Terrorismusbekämpfung und machte so Gastgeber Italien, der Sizilien auch wegen der dort unmittelbar evidenten Flüchtlingskrise als Austragungsort gewählt hatte, einen Strich durch die Rechnung.
Ratloses Europa
Trump hinterlässt damit ein ratloses Europa. Zwei Gipfel, zwei Premieren mit dem neuen Mann in Washington und außer einiger kleinerer Mini-Kompromisse (in Sachen Handel etwa) nicht ein Zugeständnis. Die viel-zitierte „westliche Wertegemeinschaft“ ist sich nur dann einig, wenn sie Trump zustimmt – wie beim Thema Terrorismusbekämpfung. Ansonsten ist „der Westen“ so gespalten wie nie. Schlimmer noch: Wenn es "Sechs gegen Einen" steht, wie Diplomaten am Rande des Gipfels über das Ringen des dürren, sechsseitigen Abschlussdokuments sagten, stellt sich die Sinnfrage. Vor allem, wenn die "Einen" die Vereinigten Staaten von Amerika sind.
Nicht, dass G7-Gipfel seit jeher Quell konstruktiver Politik gewesen wären. Mit Trump, der sich bei jedem Handschlag persönlich beweisen muss, funktionieren aber nicht einmal die sonst so beliebten symbolischen Einigkeitsbekundungen mehr. Trump und Fototermine, das funktioniert einfach nicht.
Randbemerkung: Zumindest in diesem Sinne lieferte Justin Trudeau einen Glanzauftritt in Taormina ab. Der kanadische Premierminister nutzte die internationale Pressepräsenz für einen kleinen Dauerlauf durch die malerische Altstadt des beschaulichen Touristenortes – und gab so ein beliebtes Fotomotiv ab).
Andere Töne
Und in Israel setzte sich Trump in aller Bescheidenheit für die Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses ein ("Ich habe gehört, dass das einer der schwierigsten Deals überhaupt ist. Aber zum Schluss werden wir es hinbekommen") - ohne sich dabei allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Trump forderte die Israelis zwar auf, sich in der Siedlungspolitik zurückzuhalten, meinte gleichzeitig aber, er könne sich auch eine Ein-Staaten-Lösung vorstellen.
Und so liegt hinter Donald Trump wohl wirklich eine "historische Woche", jedenfalls aus seiner Sicht.
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