Biden oder Sanders? Vorentscheidung am „Mini“-Tuesday

Konkurrenten Biden und Sanders
Bei den Vorwahlen muss Sozialist Sanders heute punkten, sonst ist Ex-Vizepräsident Biden die Kandidatur gegen Trump kaum noch zu nehmen.

Da waren es schon fünf. Fünf ehemalige demokratische Präsidentschaftsbewerber/-innen, die den moderaten Vertreter in ihren Reihen, Joe Biden, offiziell auf seinem Weg zur Kandidatur gegen Donald Trump unterstützen: Pete Buttigieg, Amy Klobuchar, Kamala Harris, Cory Booker und Beto O‘Rourke.

Bernie Sanders, sein links-progressiver Widersacher, hat bisher kein einziges vergleichbares „endorsement“ bekommen.

Heute, beim nächsten Schwung von Vorwahlen, die in Washington State, Missouri, Idaho, Mississippi, North Dakota und Michigan stattfinden, wird sich zeigen, ob die Wahlempfehlungen der Ex-Kollegen den Trend bestätigen. Der zeigt für Biden seit seinem sensationellen Comeback beim „Super Tuesday“ am 3. März mit Siegen in zehn von 14 Bundesstaaten steil nach oben.

Der 77-Jährige hat das Etikett des Wackel-Kandidaten abgestreift, der ohne Konzept, Geld und Mannschaft durch den Wahlkampf irrlichtert und von seiner Reputation als Obamas Vize-Präsident zehrt.

Beide hoffen auf Michigan

Meinungsforscher sehen Biden als Favoriten, bis zum Nominierungsparteitag der Demokraten im Juli die nötigen 1.991 Delegierten hinter sich zu versammeln. Derzeit verfügt Biden über rund 660, Sanders über rund 570 Stimmen.

Politische Erfahrung

Der 77-jährige Biden war 36 Jahre lang Senator für den Bundesstaat Delaware und diente Präsident Barack Obama zwischen 2009 und 2017 acht Jahre lang als Stellvertreter. Der 78-jährige Sanders wurde 1991 als Abgeordneter ins US-Repräsentantenhaus gewählt. Seit 2007 vertritt er den Bundesstaat Vermont im Senat.

Politische Positionen
Sanders bezeichnet sich selbst als „demokratischen Sozialisten“, der mit linken Positionen eine „politische Revolution“ verspricht. Der mit den Demokraten verbündete Unabhängige will unter anderem eine gesetzliche Krankenversicherung für alle US-Bürger, höhere Steuern für Reiche und kostenlose Hochschulbildung. Biden dagegen ist ein klassischer Vertreter der politischen Mitte, der sich für moderate Reformen stark macht. So will der Ex-Vizepräsident bestehende Krankenversicherungen ausbauen, nicht wie Sanders alle Privatversicherungen abschaffen. Biden setzt zudem auf eine Zusammenarbeit zwischen Demokraten und Republikanern.

Unterstützer und Wähler

Biden hat im moderaten Flügel der demokratischen Partei - Sanders würde sagen: im „demokratischen Establishment“ - breite Unterstützung. So haben sich mehrere ausgeschiedene Präsidentschaftsbewerber hinter ihn gestellt, unter anderen der Multimilliardär Michael Bloomberg, die Senatorin Amy Klobuchar und Ex-Bürgermeister Pete Buttigieg. Bei den Wählern hat Biden großen Rückhalt unter anderem bei Afroamerikanern, Arbeitern, älteren Wählern und Frauen. Sanders dagegen kann bei jungen Wählern, Hispanos und unabhängigen Wählern punkten. Auch in der Demokratischen Partei hat er Anhänger, darunter die bekannten linken Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez und Ilhan Omar.

Auftreten

Sanders wirbt mit großer Leidenschaft für sein Kernanliegen sozialer Gerechtigkeit und begeistert damit seine Anhänger. Mit dröhnender Stimme bringt er seine Botschaft unters Volk; die Gesten, mit denen er seine Argumente unterstreicht, sind längst Kult. Bequem und angepasst will Sanders nicht sein: Oft wirkt er grantig und mürrisch, er ist zudem als kompromisslos und stur verschrien. Biden dagegen ist ein Kumpeltyp, der Wärme ausstrahlt und die Nähe zu Wählern sucht, ein Politik-Charmeur alter Schule. Sein Lächeln ist eines seiner Markenzeichen, für Selfies mit seinen Anhängern steht Biden stets bereit. Der Ex-Vizepräsident tritt betont locker auf - allerdings wirkt er manchmal fahrig. Ihm fehlt Sanders Intensität und die Fähigkeit, seine Zuhörer mit einer Vision mitzureißen.

Alter und Gesundheit

Sowohl der 77-jährige Biden als auch der 78-jährige Sanders wären die ältesten Präsidentschaftskandidaten einer der beiden großen Parteien in der US-Geschichte. Sie lassen selbst den 73-jährigen Amtsinhaber Donald Trump fast jung aussehen. In den kommenden Monaten wird sich immer wieder die Frage stellen, ob die beiden Demokraten fit genug für das anstrengende Präsidentenamt sind. Sanders musste sich im vergangenen Oktober nach einem Herzinfarkt zwei Stents einsetzen lassen. Den Wahlkampf nahm er bald darauf wieder auf und wirkte dabei energiegeladen wie eh und je. Biden wiederum sorgt immer wieder mit Versprechern und Aussetzern für Aufsehen. Das war auch in jüngeren Jahren schon so. Allerdings fällt bei TV-Debatten und Wahlkampfauftritten auf, wie schnell Biden den Faden verlieren kann.

Siegeschancen gegen Trump
Umfragen zufolge könnten sowohl Biden als auch Sanders Trump im November besiegen. Solche Umfragen sind acht Monate vor der Präsidentschaftswahl aber mit großer Vorsicht zu genießen. Sanders reklamiert für sich, Wähler mit einem Wahlkampf der Energie und Emotionen mobilisieren zu können. Biden baut mehr auf eine breite Wählerkoalition der Mitte.

Am heutigen „Mini“-Super Tuesday geht es um insgesamt 352 Delegierte. Hauptpreis ist der Industriestaat Michigan mit 125 Stimmen. Hier genießt Biden unter der arbeitenden Bevölkerung hohes Ansehen, weil er nach der Finanzkrise 2008 die existenzsichernden Staatsdarlehen für General Motors, Chrysler und andere Auto-Riesen gesteuert hat.

Sanders wiederum hatte bei seiner ersten Bewerbung 2016 im Duell gegen Hillary Clinton in Michigan einen Überraschungserfolg gelandet.

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Geht der für radikale Veränderungen in der Sozial- und Wirtschaftsstruktur eintretende Senator aus Vermont in Michigan unter, so die politische Erzählung in Washington, verfestigte sich sein Verlierer-Image und ließe Biden enteilen.

Sanders hat das in Umfragen gut dokumentierte Risiko früh gesehen. Am Wochenende sagte er einen Auftritt im Südstaat Mississippi ab, wo Biden bei der schwarzen Bevölkerung ohnehin im Vorteil ist und verstärkte seine Präsenz in Michigan. Sanders muss heute unter Beweis stellen, dass sein Anspruch, als einziger Kandidat die demokratische Wählerschaft ausweiten zu können, nicht nur Gerede ist. Bisher hat hier nur Joe Biden geglänzt.

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