Biden an Xi: China soll im Ukraine-Konflikt Farbe bekennen

Biden an Xi: China soll im Ukraine-Konflikt Farbe bekennen
Der US-Präsident wollte sein Gegenüber von zu viel Nähe zu Putin abhalten – andernfalls gäbe es Konsequenzen.

1972 öffnete Richard Nixon auf seiner historischen Reise China die Tür zum Westen. Schlägt Joe Biden sie ein halbes Jahrhundert später wieder zu? Bei seinem spannungsgeladenen Telefon-Gipfel mit seinem Gegenüber Xi Jinping deutete der US-Präsident am Freitag gravierende wirtschaftliche und politische Konsequenzen an, sollte Peking im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine weiter an der Seite Moskaus stehen.

Zuvor hatte US-Außenminister Tony Blinken erstmals offiziell die Sorge bekundet, Peking könnte Russland „auf direktem Weg Militärgüter liefern“, um den völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine fortzusetzen, und sich zudem ökonomisch als Stoßdämpfer gegen die massiven westlichen Wirtschaftssanktionen betätigen.

Peking weist das als Desinformation zurück, hat aber bisher jede Russland-Kritik unterlassen. Das Riesenreich übernimmt Moskaus Propaganda, meidet tunlichst das Wort „Invasion“, gibt den USA und der NATO Mitschuld an der Lage in der Ukraine, enthält sich im UN-Sicherheitsrat der Stimme bei der Verurteilung Moskaus und enthält sich in der UN-Generalversammlung – anders als über 140 Staaten – der Stimme. Außerdem verbreitet Peking russische Falschmeldungen über den angeblichen US-Einsatz von Biowaffen in der Ukraine. Von der Unversehrtheit der „territorialen Souveränität“ aller Länder, ehernes Prinzip chinesischer Geopolitik, ist in Bezug auf die Ukraine keine Rede mehr.

Bidens fernmündliche Xi-Initiative, die vierte seit Amtsantritt und die erste seit vier Monaten, hatte zum Ziel, präziser zu erfassen, wie es um den Treueschwur bestellt sei, den Xi Jinping und Wladimir Putin einander am Rande der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Peking im Februar gaben. In einem 5.000 Worte langen Manifest, das eine „neue Ära in der Weltordnung“ einläuten solle, erklärten die Staatenlenker, die Freundschaft ihrer Länder kenne „keine Grenzen“.

Die Taiwan-Frage

Künftig wolle man den als Hegemonialmacht empfundenen USA mit vereinten Kräften zusetzen. Motto: Was Washington schadet, nutzt Peking wie Moskau. Biden sieht Peking dagegen in der Pflicht, Russland zur Einhaltung internationaler Spielregeln zu ermahnen. Wobei es Parallelen zwischen Putins Großmachtstreben und den Ansprüchen Chinas im Umgang mit Taiwan gibt.

Sollte China seine Komplizenschaft mit Russland ausbauen und das westliche Strafregime unterlaufen, so drohte US-Wirtschaftsministerin Gina Raimondo, würden chinesische Unternehmen über Sekundärsanktionen von amerikanischer Ausrüstung und Software (Stichwort: Halbleiter-Industrie) abgekoppelt. Außerdem würden die USA dafür Sorge tragen, dass Chinas wichtigste Exportbeziehungen – USA und Europa – nachhaltig gestört würden.

Zum Schwur käme es, würde Xi den bisher härtesten Schlag des Westens gegen Moskau abdämpfen: Durch die Sperrung von russischen Reserven von 300 Milliarden US-Dollar rückt Russland dem Staatsbankrott täglich näher. China könnte dem Nachbarn helfen, indem es russische Einlagen in Yuan in US-Dollar konvertiert. Damit wäre das westliche Sanktionsregime geschwächt. Die USA würden reagieren.

Für die amerikanisch-chinesischen Beziehungen markiert das Spitzengespräch laut Analysten einen Wendepunkt. Sollte sich Xi im Fortgang dazu bekennen, die Zuschauerrolle zu verlassen und Russland zur Einstellung der Kriegshandlungen zu drängen, sei „eine wettbewerbsorientierte Co-Existenz“ der Supermächte möglich“. Im Umkehrschluss würden die USA international eine Front aufbauen, um Peking zu isolieren.

Kommentare